Werkherrschafts- und Inszenierungsstrategien
Anhand der verschiedenen Formen des Buchhaimer
„Biblionismus“ und jener Personen, die diesen anscheinend vertreten, werden
durch Ovidios von Versschleifer in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ unterschiedliche
Verhältnisse von Lesern zu Büchern artikuliert und konstatiert.[1]
Neben Büchersammlern[2],
mechanischen Lesern[3],
Bücherleugnern[4],
krankhaften Bücherdieben[5]
und einigen anderen Personen[6]
finden mit den „Biblionekromanten“ Verehrer beinahe vergessener Werke und
Dichter Erwähnung in seinen Schilderungen.[7]
Besonders interessant, gerade in Bezug auf Autor-, Urheber-
und Werkherrschaft, sind hierbei seine Ausführungen über die sogenannten
„Biblioklasten“, denn diese seien „‚[...]von der Vorstellung besessen, Bücher zerstören
zu müssen[...]‘“[8].
Durch das Zerstören der Werke erhebt sich der Leser respektive Nichtleser über
die Intentionen, die mit der Publikation eines Buchs verbunden waren, und
verfährt mit dem jeweiligen Text nach seinem Dünken, womit er versucht, das von
einem anderen Geschaffene zu vernichten.
Ovidios von Versschleifers weitere Bemerkung zum Verhalten
mancher „Biblioklasten“ beschreibt zum einen den Versuch mancher Leser über
fremde Werke zu bestimmen und damit verbunden die eigenen Vorstellungen
gegenüber denen anderer gewaltsam durchzusetzen und zum anderen auch den
Versuch eines Autors die Deutungshoheit über sein Werk beziehungsweise über
sein Leben zu behalten.
„[...] Eine andere ist eher ideologischer Natur. Diese Sorte von Biblioklasten hasst nicht das Buch an sich, sondern nur ganz bestimmte, ausgewählte Bücher ihres Inhalts wegen. Das sind oft politische Wirrköpfe oder Sektenmitglieder. Dann gibt es auch welche mit rein persönlichen Motiven. Wir haben einen stadtbekannten Biblioklasten in Buchhaim, der nur einen bestimmten Buchtitel hasst, von dem er sämtliche Auflagen zu vernichten trachtet. Es handelt sich um seine eigene, von ihm nicht autorisierte Biographie.“[9]
Dass im fiktiven Zamonien dieselben oder zumindest ziemlich
ähnliche Vorstellungen und rechtliche Vorschriften bezüglich des Schutzes des
literarischen Werks und der Urheberschaft[10]
zu gelten scheinen, wie außerhalb der Fiktion, zeigt sich einerseits an den
abwertenden Schilderungen von Ovidios von Versschleifer und von Hildegunst von
Mythenmetz angesichts der Zerstörung von Büchern[11]
und andererseits legen die Ausführungen in anderen Zamonienromanen von Volzotan
Smeik[12],
von Blaubär[13], von
*Hildegunst von Mythenmetz gerade in Bezug auf die „Mythenmetzsche Ereignisandrohung“[14]
und vor allem die Erzählung von Ovidios von Versschleifer über seine Ballade
und deren Vermarktung[15]
in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ dies nahe.
Der Machtkampf von Autor und Übersetzer
Im öffentlichkeitswirksam inszenierten Streit zwischen dem fiktiven Autor Mythenmetz und seinem angeblichen Übersetzer „Moers“, der in mehreren fingierten Zeitungsartikeln in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Wochenzeitschrift Die Zeit und dem Fernsehbeitrag Drachengespräche ausgetragen wurde, bezichtigt „Moers“ den zamonischen Dichter des Plagiats, berichtet über Mythenmetz’ gewagteste Abschweifungen und entlarvt sogar dessen Unkenntnis über das eigene Werk. Dass sich Walter Moers dabei selbst als Philister und Pedant in Szene setzt, der sich als „Übersetzer“ ungerechtfertigt große editorische Freiheiten herausnimmt und sich anmaßt, über den künstlerischen Wert eines Textes urteilen zu können, ist Teil dieses ironischen Spiels[16].
Dieser scheinbare Disput im Epitext erfolgte jedoch nicht nur
im Feuilleton, sondern setzte sich ebenfalls auf den Facebookseiten von Moers
und Mythenmetz fort.[17]
Einerseits verstritt sich *Moers über die Kürzungen,[18]
die er in seinen Übersetzungen im Vergleich zum Original[19]
vorgenommen habe, nicht nur mit Mythenmetz, sondern bezeichnete auch einzelne
Bücher aufgrund der in ihnen enthaltenen Abschweifungen als unlesbar.[20]
Andererseits lobt *Moers die „Mythenmetzschen Abschweifungen“ in „Ensel und
Krete“ als „Kunstgriff“[21],
parodiert andernorts jedoch Mythenmetz’ vermeintliche Genialität.[22]
Mythenmetz hingegen betont seine Genialität[23]
und pocht auf die Innovation[24]
seiner Abschweifungen[25]
sowie seiner literarischen Techniken[26]
und deren Qualität[27].
Die divergierenden Aussagen, die unter anderem im Streit zwischen Übersetzer
und Autor artikuliert wurden, verdeutlichen die ambivalente Beziehung der
beiden. „In diesem Stimmengewirr stehen Mythenmetz und [*]Moers in einem
spannungsvollen Verhältnis, denn während der fiktive Autor Mythenmetz der
dominante Erzähler ist, so hat doch der fiktive Herausgeber [*]Moers das ‚letzte
Wort‘ im Akt der Textgenese.“[28]
Dass sich der Streit zwischen den beiden an der Kürzung der Abschweifungen
entspinnt, belegt deren Funktion und die mit dieser einhergehende Macht des
Erzählers beziehungsweise des Übersetzers über die Leser. *Hildegunst von Mythenmetz
demonstriert als Erzähler diese Macht[29]
und „wie so ein totalitäres System funktioniert“[30],
daran, dass er in einer Abschweifung in „Ensel und Krete“ über mehrere Zeilen
hinweg nur noch „Brummli“[31]
schreibt und hierauf behauptet: „Ich kann soviel ‚Brummli‘ schreiben, wie es
mir paßt, und sie müssen es lesen, wenn Sie wissen wollen, wie es weiter geht“[32].
Damit die Leserschaft seine Abschweifungen nicht einfach ignoriert und überblättert[33],
er als Erzähler somit bestimmend bleibt, droht *Mythenmetz seinen Lesern in
einer anderen Abschweifung: „Und versuchen Sie nicht, diese Mythenmetzsche
Abschweifung zu überlesen – denn ohne sie ist ein Verständnis der kommenden
Handlung völlig unmöglich.“[34]
Die Herrschaft über den eigenen Text, die *Mythenmetz hier für sich einfordert,
zeigt sich in seinem Werk jedoch nicht nur an seinen Abschweifungen, gleichwohl
diese jene Autorautorität besonders greifbar machen, sondern ebenfalls daran,
wie er als Erzähler berichtet und damit jene von ihm geschilderten Ereignisse
der Leserschaft überliefert, was in einer Textstelle in „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ außerordentlich gut veranschaulicht wird. Dort ist zu lesen:
Rifkin der Riese drosch Igoriok Dima mit einer genagelten schwarzen Keule den Schädel ein. Raggnald vom Blutigen See rammte Bulba dem Herzfresser einen Speer in den Hals. Zakari Tibors Helm stand in Flammen, weil seine Haare Feuer gefangen hatten. Urchgard der Krude wurde von den Siggleif-Zwillingen mit Eispickeln erschlagen. Ich hatte keine Ahnung, ob diese Bücherjäger wirklich so hießen, ich dachte mir die Namen nur aus, während ich ihnen wie betäubt beim gegenseitigen Abschlachten zusah. An ihre wirklichen Namen würde sich bald sowieso niemand mehr erinnern.[35]
Selbiges gilt für eine Textstelle in „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“, in der sich Hildegunst von Mythenmetz weigert den Titel
eines Theaterstücks, das ihm missfiel, niederzuschreiben.[36]
Mythenmetz reklamiert – in Abwesenheit durch sein Werk[37]
– für sich, vor allem in seinen Abschweifungen, eine Deutungshoheit über das
eigene Werk, die er gegenüber seinen Lesern besitze. Diese Deutungshoheit wird
jedoch durch *Walter Moers in seiner Funktion als Übersetzer untergraben, was
am augenfälligsten daran wird, wenn er sich in „Der Schrecksenmeister“ dafür
entscheidet, „der üblichen Werktreue abzuschwören, sämtliche Abschweifungen
herauszunehmen und das Buch um 700 Seiten zu kürzen.“[38]
Innerfiktional bestimmt dementsprechend *Walter Moers darüber, wie die
Leserschaft den Text von *Hildegunst von Mythenmetz, der seinerseits versuchte
die Rezeption des von ihm überarbeiteten Texts Gofid Letterkerls durch seine
Abschweifungen zu lenken, lesen wird. Die hier bereits mehrfach benannte medial
ausgetragene Auseinandersetzung der beiden, die als „Gelehrtensatire inszeniert
[wird], die zum einen dem eitlen, zu Allüren und literarischen Kaprizen
neigenden Dichter, zum anderen dem pedantischen und übereifrigen Übersetzer
gilt“[39],
ist folglich fiktionsintern nur eine Verlagerung des Machtkampfs außerhalb der
Buchdeckel, in den Epitext. Das Händereichen von Autor und Übersetzer,[40]
die symbolische Geste am Ende eines Interviews, die den Konflikt abschließen
und die beiden versöhnen soll, lässt den Machtkampf aber nur scheinbar
verstummen, was an *Moers’ Äußerungen und angegebenen Kürzungen in „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“, unter anderem im „Nachwort des Übersetzers“,
ersichtlich wird. *Moers berichtet dort in seiner fiktiven Übersetzerfunktion,
dass der „Roman aus Gründen seines Umfangs und seiner Komplexität in zwei
Bücher“[41]
aufgeteilt wurde. Die scheinbare Begründung, die darauf vorgebracht wird,
lautet:
Dies hängt hauptsächlich mit den massiven Kürzungen zusammen, die ich auch diesmal – wie fast immer bei Mythenmetz’ oft absurd umfangreichen Prosatexten – vorzunehmen hatte. Es betrifft im vorliegenden Teil vor allem die Puppetistischen Notizen, die ich um ganze vierhundert Seiten reduzieren musste. Eine genussvolle Lektüre wäre sonst nicht möglich gewesen.[42]
Worauf es an dieser Stelle ferner heißt:
Im zweiten Teil, an dem ich mit Hochdruck arbeite, ist es noch schlimmer. Dieser beinhaltet nämlich ein pseudowissenschaftliches Textkonvolut, welches Mythenmetz Das geheime Leben der Buchlinge genannt hat und das an die siebenhundert Seiten umfasst. Unlesbar! Diese kolossale Mythenmetzsche Abschweifung auf einen erträglichen Umfang zu kürzen – ohne das Buch zu verfälschen –, kostet mich erheblich mehr Mühe und Lebenszeit, als ich vorher angenommen hatte. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal in aller Unbescheidenheit auf meine Doppelfunktion als Übersetzer und Illustrator hinweisen, was einen Arbeitsaufwand verursacht, der gewöhnlich stark unterschätzt wird.[43]
Diese Ausführungen des Übersetzers,
mit seiner abschließenden Deutung über den Roman Mythenmetz’, stellen nicht nur
das von *Moers selbst Geleistete auffallend heraus,[44] sondern machen „auch hier wieder ein Mangel
an editorischer Neutralität evident, der sich zum einen in ‚Moers‘ (angeblichen)
massiven Eingriffen in den Text, zum anderen in seiner Be- und Verurteilung von
Mythenmetz’ Werk niederschlägt.“[45]
Zudem deutet *Walter Moers hier schon vorab an, dass „Das geheime Leben der Buchlinge“ in seiner Übersetzung nicht in
seiner Gänze zu lesen sein wird, wodurch ein Text, den Mythenmetz bereits in „Die
Stadt der Träumenden Bücher“ als ein „zukünftige[s] Buch“[46],
das er noch zu schreiben gedenke, ankündigt und was *Moers darüber hinaus noch
in einer Fußnote bestätigend aufgreift: „A.d.Ü.: Hildegunst von Mythenmetz kam
diesem Versprechen in späteren Jahren nach, mit einem Werk über das verborgene
Leben der Buchlinge“[47],
den Lesern in seiner Gesamtheit bewusst vorenthalten wird, was die Übersetzung
neuerlich zu einem Fragment des ursprünglichen Texts machen würde.
Gerade an den „Puppetistischen Notizen“ zeigt sich, auf welche Weise *Walter Moers den vermeintlichen Originaltext von Hildegunst von Mythenmetz nicht nur bearbeitend kürzte, sondern gleichzeitig auch kommentierte. In der Fußnote zu den „Puppetistischen Notizen“ werden diese nicht nur als „Mythenmetzsche Abschweifung“ benannt, sondern wird darüber hinaus „der eilige Leser“[48] noch dazu aufgefordert, diese 29 Seiten des Romans „getrost [zu] überspringen“[49].
Gerade an den „Puppetistischen Notizen“ zeigt sich, auf welche Weise *Walter Moers den vermeintlichen Originaltext von Hildegunst von Mythenmetz nicht nur bearbeitend kürzte, sondern gleichzeitig auch kommentierte. In der Fußnote zu den „Puppetistischen Notizen“ werden diese nicht nur als „Mythenmetzsche Abschweifung“ benannt, sondern wird darüber hinaus „der eilige Leser“[48] noch dazu aufgefordert, diese 29 Seiten des Romans „getrost [zu] überspringen“[49].
Bei diesen Puppetistischen Notizen handelt es sich um ein Kapitel des Romans, das mir bei der Übersetzung erhebliches Kopfzerbrechen bereitet hat – siehe auch mein Nachwort. Ich sah mich gezwungen, diese Mythenmetzsche Abschweifung massiv zu kürzen. Selbst in dieser Form ist sie zum Verständnis der Handlung nicht unbedingt vonnöten. Der eilige Leser mag sie also getrost überspringen. A. d. Ü.[50]
Die Verwendung des Begriffs „Mythenmetzsche Abschweifung“ erscheint
zwar in der Reihenfolge der publizierten Romane vorderhand sinnig zu sein,
jedoch suggeriert die fiktionsinterne Chronologie ebenfalls an dieser Stelle
Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Romanen und ihren Aussagen. In „Ensel
und Krete“ heißt es, dass dieser Text, in dem Mythenmetz erstmals seine neue
literarische Technik vorstellt,[51]
nach dessen fünfhundertsten Lebensjahr geschrieben wurde.[52]
Dem scheint die Verwendung des Begriffs „Mythenmetzsche Abschweifung“ in „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“, da Hildegunst von Mythenmetz zum Zeitpunkt
der Handlung erst etwa 280 Jahre alt ist, zu widersprechen, allerdings
verwendet Mythenmetz diese Terminologie dort nicht selbst, wenngleich er
gleichfalls innerhalb dieses Werks abschweift,[53]
sondern lediglich *Moers in seiner Funktion als Übersetzer[54]
und dies auch erst nachdem er durch die Reihenfolge der Veröffentlichungen den
Begriff als für die Leserschaft bereits etabliert ansehen kann. Durch diese
Verwendung der Terminologie ist nicht mehr genau bestimmbar, was *Moers als „Mythenmetzsche
Abschweifung“ in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ bezeichnet, sind es
schlicht alle Abschweifungen Mythenmetz’ oder sind die Abschweifungen bereits
zu diesem Zeitpunkt denen, die Mythenmetz in „Ensel und Krete“ erstmals so
benennt, so ähnlich, dass deren Benennung als solche seitens des Übersetzers
vertretbar ist? Dadurch dass diese Abschweifungen innerfiktional von *Moers
jedoch durch seine Kürzungen nicht übersetzt wurden, kann der Leser dies nicht
beurteilen.
Vielerlei Stimmen und Erzählungen innerhalb der eigenen
Die Herrschaft des Autors zeigt sich jedoch nicht nur am
eigenen Werk und dessen Bearbeitung, also im Sinne des Urheberrechts, was der fingierte
Streit von *Moers und Mythenmetz mit der ihm zugrundeliegenden Frage nach der
Deutungshoheit über den Text vorführt, sondern ebenfalls bereits im Werk
selbst. Daran, welche Ereignisse geschildert werden, welche Stimmen zu Wort
kommen und in welcher Weise dies geschieht, manifestiert sich innerhalb des Werks
die Herrschaft des Autors über dieses und zwar vor allem aufgrund von
Entscheidungen, die die Schreibenden für sich beim Schreiben zu treffen haben,
was gerade in Bezug auf autobiografische Schriften und der in diesen
stattfindenden Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben besonders offensichtlich
wird.[55]
Diese Entscheidungen, die während des Verfassens bis zur Fertigstellung des
jeweiligen Texts und seiner Publikation[56]
anfallen, lassen Selbst- sowie Fremddarstellungen und damit einhergehend Inszenierungen[57]
erkennen. Die polyphone Offenheit der Zamonienromane mit den teils widersprüchlichen
Aussagen verschiedener Figuren bedingt geradezu derartige Selbst- und Fremdbeschreibungen
sowie unterschiedliche Zuschreibungen. Beispielsweise wird innerhalb von „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“ mehrfach die literarische Qualität der Werke
Hildegunst von Mythenmetz’ thematisiert, von ihm selbst und von anderen Figuren
des Romans. Die Wertungen der anderen Figuren innerhalb der Handlung folgen allerdings
jener, die *Mythenmetz als Erzähler am Anfang des Romans für sein Schreiben und
über seine Literatur selbst formuliert, nämlich dass er seine Qualität verloren
habe.[58]
Folglich teilen diese Sichtweise in ihren Aussagen über sein Schreiben nicht
nur Hachmed Ben Kibitzer[59],
sondern auch eine „Lebende Historische Zeitung“. Im Gespräch mit ihr heißt es
denn auch:
„Du kennst Hildegunst von Mythenmetz?“, fragte der Zwerg.
„Äh ... nein ...“, log ich.
„Muss man auch nicht kennen!“, winkte der Zwerg ab. „Nicht mehr! Ist blöder Sack geworden! Früher gut, heute schlecht! Hat kein Orm mehr! Ich Verriss von Mythenmetz-Roman vorlesen?“[60]
„Die Stadt der Träumenden Bücher“ wird als ein vom Orm durchdrungener Roman, wie ihn *Mythenmetz
zuvor selbst beschrieb,[61]
von verschiedenen Figuren aus unterschiedlichen Gründen gelobt, sei es bei
Ovidios von Versschleifer „eine sehr treffende Formulierung für den Brand von
Buchhaim“[62], bei
Hachmed Ben Kibitzer dessen „Lieblingsstelle in [s]einen Büchern“[63]
oder im Fall des namenlosen Librinauten, der Umstand, dass es sein
Lieblingsbuch sei,[64]
denn er „kenne kein besseres Buch über Buchhaim“[65],
weshalb er es „wieder und wieder“[66]
lese. Die neueren Bücher Mythenmetz’ werden hingegen negativ gezeichnet, so
verweist Ovidios von Versschleifer implizit auf Mythenmetz’ „Ruf als
kommerziellen Vielschreiber“[67]
und die mit dem schreibenden Lindwurm befreundete Schreckse Inazea Anazazi gibt
an, dass sie sich „mit der Lektüre [s]eines letzten Buches zu Tode“[68]
langweilte. Die Reaktionen des Protagonisten Mythenmetz’ auf wohlgemeinte oder
aber abschätzige Anmerkungen über ihn oder sein literarisches Schaffen
suggerieren, dass diese von den jeweiligen Figuren und unabhängig von seinem
Einfluss getroffen wurden, worauf *Mythenmetz sie unverändert in sein Werk
übernommen habe. Diese vermeintlich direkt übernommenen Gespräche bestätigen
Mythenmetz’ eigene Einschätzungen und Aussagen, sei es über seine Literatur
oder in Bezug auf seine Gewichtzunahme[69],
wodurch diese für die Leser glaubwürdiger werden und *Mythenmetz verlässlich erscheint.
Dass fiktionsintern der Erzähler *Mythenmetz allerdings durchaus kalkulierend
in den Text eingreift, zeigt sich in diesem Roman vor allem daran, dass er sich
selbst zuerst als einen „von Literaturpreisen und Publikumsgunst verhätschelten
Popanz“[70]
bezeichnet, der auf seinem „absoluten Tiefpunkt“[71]
angelangt sei, um hierauf mit neuen Ideen[72]
und dem Wechsel seines Schuppenkleids[73]
eine Wende beziehungsweise einen Neuanfang[74]
zu definieren. Den eigentlichen „Neuanfang“ bildet – entgegen dieser Aussage – nicht
der Wechsel des Schuppenkleids oder die ersten neuen Einfälle auf dem Weg nach
Großbuchhaim, sondern das Aufeinandertreffen Mythenmetz’ mit der neu erbauten Stadt
und hier vornehmlich mit dem Puppetismus, der ihn zu einem „wissbegierige[n]
Student[en] des Puppetismus“[75]
macht, und hier speziell die Szenen mit dem Schattenkönig im Theaterstück von
„Die Stadt der Träumenden Bücher“.[76]
So gibt *Hildegunst von Mythenmetz während ebendieser Szenen seinen Lesern zu
verstehen:
Ich hatte mir eigentlich schon stillschweigend eingestanden, an die Grenzen meiner Mittel, an das Ende meiner Schreibkunst gekommen zu sein. Aber hier war etwas Neues! Eine ganz junge Kunst, die ich vielleicht noch erlernen konnte. Puppetismus! Das war ein Gesamtkunstwerk, zu dem ich mit meinen eigenen Fähigkeiten etwas beisteuern konnte. Das war aufregend![77]
Auch *Mythenmetz‘ Selbstinszenierung im ersten Kapitel des
Romans als tapferer und furchtloser Abenteurer,[78]
der meint, nachdem er den Lesern zuvor drohte, sie mit der Lektüre von „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“ zu vergiften,[79]
dass „wer jetzt noch dieses Buch in Händen hält“[80]
ihm gleich sei, denn, „in dessen Adern fließ[e] Blut von [s]einem Blut“[81],
als Erzähler bräuchte er „[k]eine zartbesaiteten Lektürememmen, die ein Buch
schon bei der bloßen Erwähnung von Gefahr zitternd beiseitelegen“[82]
würden. Im Widerspruch zu jenem mutigen Selbstbild, dass *Hildegunst von
Mythenmetz hier von sich entwirft, stehen jedoch seine „üblichen
hypochondrischen Anwandlungen“[83],
die ihn wiederholt in harmlosen Situationen, wie etwa der Theateraufführung von
„Die Stadt der Träumenden Bücher“[84],
dem Gespräch mit Corodiak Smeik[85]
oder angesichts von Schaufensterauslagen[86]
vor Furcht glauben lassen, dass er seinen Verstand verliert. Dass sich
Mythenmetz auf der Reise nach Großbuchhaim fragt, ob er „[s]eine
unverzichtbaren Ohrenstöpsel dabei [habe], ohne die […] [er] unmöglich Schlaf
finden konnte“[87] oder
„[s]eine Tabletten gegen Magenübersäuerung, die […] [ihn] schon ereilte, wenn
[…] [er] zu viel Kaffee trank“[88],
vermittelt nicht das Bild eines unerschrockenen Abenteurers. Die „Phantasien
von winzigen Splittern oder Bienenstacheln […], die man sich auf so einer
Wanderung einfangen und nur mit einem Präzisionsinstrument entfernen konnte,
bevor sie eine tödliche Blutvergiftung verursachten“[89],
die Mythenmetz kurz vor seinem Aufbruch heimsuchten, tragen ebenso wenig zu
jenem anfänglich entworfenen Selbstbild bei.
Neben den vier „Mentalgemälden“ der „Mythenmetzschen Mentalmalerei“[90]
und den „Puppetistischen Notizen“[91]
integriert *Mythenmetz in seinen Schilderungen Großbuchhaims auch die vorgelesenen
Zeitungsartikel „Lebender Historischer Zeitungen“ und die ausgerufenen Schlagzeilen
der Artikel der „Lebenden Zeitungen“. Erstere beschreibt er vorab, entgegen
seinen Mentalgemälden, als „eine andere, wahrscheinlich objektivere Form der
Buchhaim-Berichterstattung“[92],
während er die Meldungen der „Lebenden Zeitungen“ über seinen Auftritt in einem
Puppengeschäft als „Sensationsjournalismus“[93]
und zuvor deren Berichte als „den Klatsch und Tratsch der Kulturszene“[94]
degradiert. Durch die Übernahme von Zeitungsartikeln in den eigenen Text, in
denen verschiedene Experten zitiert werden,[95]
werden die historischen Veränderungen Buchhaims, die *Mythenmetz für sich im
Nachhinein rekonstruiert, gleichzeitig der Leserschaft vermittelt. Dadurch,
dass Mythenmetz als Protagonist jedoch die Schilderungen der „Lebenden
Historischen Zeitung“ etwa bezüglich der „Schwebenden Bibliotheken“ unterbricht
oder das Gespräch auf andere Themen lenkt,[96]
wird, wie im Falle der Gespräche mit verschiedenen Figuren, sei es Ovidios von
Versschleifer, dem Librinauten oder Corodiak Smeik, ihm und damit den Lesern
nur eine eingeschränkte Menge an Informationen über die jeweiligen Themen
dargeboten, wodurch die Begrenztheit des Wissens des autodiegetischen Erzählers
*Mythenmetz über Großbuchhaim und dessen Geschichte offensichtlich wird.
Wie subjektiv und egozentrisch *Mythenmetz’ Sichtweise ist,
wird den Lesern nicht erst bei seiner Bemerkung anlässlich der Benennung der
„Buchhaimer Rüssel“ deutlich, jedoch bei ebendieser in besonderem Maße:
Warum der Hildegunst-von-Mythenmetz-Rüssel kleiner war als der Ödreimer-Rüssel, leuchtete mir nun wirklich nicht ein. Ödreimer hatte ein paar brauchbare Gedichte geschrieben, aber seine gesamte Prosa bestand nur aus verstaubten und zu Recht vergessenen Gardinenpredigten.[97]
Dass Werkherrschaft ebenfalls die Herrschaft des Werks über
den abwesenden Autor bedeuten kann,[98]
manifestiert sich im Fall von Walter Moers als eigentlichem und von Hildegunst
von Mythenmetz als fingiertem Autor von „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ insbesondere
daran, dass sich, wie bereits in diesen drei Blogeinträgen im Detail dargelegt
wurde, „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ als „‚[...] eine regelrechte
Fortsetzung [...]‘“[99]
von „Die Stadt der Träumenden Bücher“ maßgeblich an der Handlung und den
Motiven des ersten Romans orientiert und derart erst die Parallelen zwischen
den beiden kreiert.
Hildegunst von Mythenmetz muss sich als fiktiver Autor
innerhalb der Handlung, die er in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“
erzählt, immer wieder mit dem von ihm geschriebenen Roman „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ auseinandersetzen, was sich etwa am ihm zugesandten
Manuskript oder den Spielzeugfiguren der Lebenden Bücher und den Skulpturen der
Buchlinge in den Schaufenstern Großbuchhaims zeigt.[100]
Am detailliertesten geschieht dies jedoch in der Theatervorführung von „Die
Stadt der Träumenden Bücher“, während der *Mythenmetz seinen Lesern äußerst
gründlich seine damaligen Eindrücke und Empfindungen unterbreitet. Im Fortgang
dieses Unterkapitels soll anhand zweier Szenen der Vorstellung des
„Puppaecircus Maximus“ exemplarisch betrachtet werden, wie sich Mythenmetz mit
dem gezeigten Stück auseinandersetzt und sich und seinen Text dazu positioniert.
Die Inszenierung des Puppentheaters von „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ beginnt mit einem Bühnenbild, dass die
Colophonius-Regenschein-Gasse darstellt.[101]
Hildegunst von Mythenmetz bezeichnet diese Straße Buchhaims als „perfekt
imitiert, bis ins kleinste Detail“[102]
und bemerkt, dass „[j]eder Fensterrahmen, jede Dachschindel, jede Türklinke [...]
akkurat nachgebildet zu sein“ schien, was „[e]ine erstaunlich großzügige
Kulisse für ein Puppentheater“[103]
sei. Schon am Anfang des Stücks wird somit dem schreibenden Saurier und dementsprechend
auch seiner Leserschaft offensichtlich, dass in gewissen Bereichen die
Theateraufführung von „Die Stadt der Träumenden Bücher“ die Erwartungen
übertrifft, die der Lindwurm an ein Puppentheater hat, was ebenfalls am zuvor
Gezeigten, der Darbietung der drei mechanischen Affenpuppen, die Mythenmetz
„vollkommen überwältigt[e]“[104]
und zeigte, dass seine Erklärungen nicht ausreichen, um das Gesehene zu fassen,
ersichtlich wurde.[105]
Der Gesang der Puppen, die ihre Köpfe, nach dem Öffnen, aus den Fenstern der Häuserkulissen
der Colophonius-Regenschein-Gasse strecken und zu singen beginnen, sorgt dafür,
dass Hildegunst von Mythenmetz sich fragt, während er sich auf seinem Sitz
windet:
Was war denn das für ein grauenhafter Text? Und wieso wurde eigentlich gesungen? Das war ja eine Singerette! Ausgerechnet! Abfällig auch Jodelroman oder Idiotien-Oper genannt – also ein für die Bühne trivialmusikalisch aufbereitetes Stück populärer Literatur –, wahrlich nicht eine meiner bevorzugten Kunstformen, meine geliebten Freunde! Ganz und gar nicht! Die meisten Singeretten waren Meterware aus kompositorischer Massenfabrikation, welche die zugrundeliegenden literarischen Stoffe brutal verwursteten und gnadenlos auf eine Handvoll schlechtgereimter Liedchen eindampften.[106]
Nach dieser abschätzigen Einschätzung des dargebotenen
Texts und der möglichen musikalischen Qualität muss der dichtende Dinosaurier
auf seinem Theatersessel, nach einem kurzen Verweis darauf, dass die
„Typenvielfalt, Genauigkeit und Komik in der Inszenierung [...] [ihn] beinahe
wieder milde gestimmt [hätte] – wenn nur der Text nicht so furchtbar gewesen
wäre“[107],
feststellen, dass das gespielte Stück eine Umsetzung eines Werks ist, das er einst
verfasste.
Moment mal! Jetzt fiel es mir erst auf! Der Text war doch von mir! Das war doch – schlecht gekürzter und bearbeiteter Mythenmetz!„Wo Bücher Träume träumenvon Zeiten, als sie Bäume waren“ –Klar, das war mein geistiges Eigentum, das stammte doch aus meinem...[108]
Durch die erste, äußerst negativ konnotierte Einordnung als
Singerette und die hier von Hildegunst von Mythenmetz beanstandete schlechte
Bearbeitung seines Romans wird sein abschließendes Lob[109]
des gesamten Theaterstücks noch einmal verstärkt und die Faszination des
schreibenden Sauriers für den Puppetismus als „etwas Neues“[110]
nachvollziehbarer. Mythenmetz pocht während dieser Szene auf sein „geistiges
Eigentum“[111] und
verweist auf die Qualität des ursprünglichen Texts gegenüber dieser Bearbeitung
seines Stoffs, womit er als fingierter Autor im Sinne des Urheberrechts die
Deutungshoheit über seinen Roman einfordert. Dass es sich beim literarischen
Text um Mythenmetz’ „geistiges Eigentum“[112]
handelt, bedient fiktionsintern die Vorstellung, dass der Autor die Quelle des
Textes sei.[113]
In Bezug auf die Entstehung des Romans „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ lassen sich jedoch auch andere Vorstellungskonzepte finden,
die generell häufig herangezogen werden, wenn das Verhältnis von Autor und Text
betrachtet und beschrieben wird. Denn es sei das Orm, das im Sinne der
Inspiration einer höheren Macht, die dem Schreibenden den Text eingibt,[114]
den gesamten Romaninhalt binnen Sekunden im Kopf des dichtenden Dinosauriers
entstehen lässt,[115]
womit hier bereits ein zweites Bild für die Entstehung dieses einen Texts
verwandt wird. Die Ausbildung, die Hildegunst von Mythenmetz innerhalb von „Die
Stadt der Träumenden Bücher“ erfährt, ruft ihrerseits eine weitere Vorstellung
auf, die zur Beschreibung dieser Beziehung gebraucht wird,[116]
das Bild des Handwerkers, der Stück für Stück an seinem Text arbeitet, bis
dieser fertiggestellt ist.[117]
Darüber hinaus wird in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ ebenfalls die Vorstellung
einer Einheit von Autor und Werk implizit formuliert.[118]
Der eigentliche Autor Walter Moers, der hier nur implizit
über die Wortmeldungen von Hildegunst von Mythenmetz als fingiertem Autor auf
seine Deutungshoheit verweist, kann hingegen spielerisch „seine eigenen Verse
[...] im Zuge von Mythenmetz’ Besuch [...] des Theaters der Träumenden Puppen
verunglimpfen“[119],
Eingriffe in die Dramaturgie vornehmen, „die Geschehnisse [...] rekapitulieren
und [...] kommentieren sowie ihre musikalische Untermalung“[120],
die Szenen begleitende Geräusche sowie Gerüche und Analogien an Gemälde und
deren Stimmungen ersinnen,[121]
womit der Leserschaft, neben dem Roman „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“
selbst, innerhalb dieses Texts eine weitere alternative Version von „Die Stadt
der Träumenden Bücher“ dargeboten wird.[122]
Denn durch das Theaterstück kommt
es zu einer weiteren strukturellen und thematischen Verdoppelung der Katakomben von Buchhaim [...], in dem Mythenmetz als Puppe präsentiert und das Labyrinth-Geschehen, wenn auch unter den Bedingungen des Puppentheaters, noch einmal in Ausschnitten präsentiert wird.[123]
Die Ausführungen von Mythenmetz über seinen Text brechen abrupt
just an der vorab zitierten Stelle ab, da sich der dichtende Dinosaurier im
nächsten Augenblick davor ängstigt, dass er selbst die Bühne betritt.
Klar, das war mein geistiges Eigentum, das stammte doch aus meinem... Ich erschrak fürchterlich und unterbrach selbst meinen Gedanken. Der Grund dafür war etwas Ungeheuerliches, das auf der Bühne geschah: Nämlich die Tatsache, dass ich dort gerade selber um die Ecke kam![124]
Dieser Auftritt der Mythenmetzpuppe verdeutlicht einerseits
die vermeintliche Genauigkeit und damit Glaubwürdigkeit des Theaterstücks sowie
andererseits zeitgleich die hypochondrische Störung Mythenmetz’, der gerade auf
den Gedanken gekommen war, dass es sich bei jener Adaption um seinen Roman
handelt, weshalb sein Erscheinen in Puppenform zu erwarten war und dieses folglich
mitnichten als „etwas Ungeheuerliches“[125]
zu bezeichnen ist. Der Einschub „Ich erschrak fürchterlich und unterbrach
selbst meinen Gedanken“[126]
als ein selbstreflexives Moment stammt jedoch nicht vom diese Situation erlebenden
Protagonisten Hildegunst von Mythenmetz, sondern vom späteren Erzähler
*Mythenmetz, der den Abbruch des vorherigen Gedanken erst in Worte fasst. Auch
die nachfolgenden Sätze implizieren, dass sie vom Erzähler zu einem späteren
Zeitpunkt ergänzt wurden, um Mythenmetz’ Erleben dieser Szene schlüssiger
erscheinen zu lassen und dessen Zweifel am eigenen Verstand zu legitimieren:
Es gab, oh meine geliebten Freunde, in der zamonischen Literatur schon einige Auseinandersetzungen mit diesem Thema – der Begegnung mit dem eigenen Doppelgänger –, und meistens war es eine Metapher für ausbrechenden Wahnsinn. Ich kann daher nur hoffen, dass man mir die folgende Bemerkung nicht metaphorisch auslegt: Denn was da auf der Bühne um die Ecke kam, sah tatsächlich genauso aus wie das, was ich gelegentlich nicht ohne gewisse Genugtuung im Spiegel erblickte![127]
Dass es sich hierbei um „[s]ein exaktes Ebenbild“[128]
handelt, das „tatsächlich genauso
aus[sah]“[129], wie
er selbst, erscheint – trotz der Beteuerung *Mythenmetz’ – innerfiktional
allerdings unwahrscheinlich, da sich Mythenmetz erst zu Beginn von „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“ zu schuppen begonnen hatte und damit „[s]ein
bislang grünes Schuppenkleid“[130],
ebenjenes, welches er während der Handlung seines Romans „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ trug, „einem von rötlicher Farbe“[131]
wich. Durch derartige Erzählerkommentare innerhalb der vermeintlich direkt geschilderten
Gedanken Hildegunst von Mythenmetz’ in Bezug auf das Gesehene wird eine Selbstinszenierung
des Literatur verfassenden Lindwurms deutlich, die sich auch darin bahnbricht,
dass er behauptet, dass das, was er ab und an im Spiegel sähe, „nicht ohne
[eine] gewisse Genugtuung“[132]
geschehe, obwohl diese Aussage klar einer vorherigen des schreibenden Sauriers
widerspricht.[133]
Erst nach einem Rippenstoß der Schreckse Inazea Anazazi und
dem Hinweis, dass es sich beim Mythenmetz vor ihm um eine Puppe handle, gelingt
es dem hypochondrischen Dinosaurier sich zu beruhigen und von der Wirkung des
Bühnenbilds zu lösen.[134]
Mir war der eiskalte Schweiß ausgebrochen. Eine Puppe, natürlich! Text aus meinen Büchern, klar. Da wurde etwas aus meinen Werken gegeben. Ich hatte nicht den Verstand verloren! Mein Hirn wurde nicht in zwei Hälften gerissen. Ich würde mein weiteres Leben nicht in einer Zelle mit sehr weichen Wänden verbringen müssen. Das war soweit erfreulich. Ich ließ mich in den Sessel fallen und rang nach Luft.[135]
Jenes Kapitel, das den hier angeführten Beginn des
Theaterstücks des Romans Mythenmetz’ enthält, trägt den Titel „Mehrere Doppelgänger“
und verweist, wie auch das diesem folgende Kapitel „Ein Traum in einem Traum“,
über seine Benennung „in ironischer Weise auf die komplizierte Erzähltechnik
[...] und [legt gleichzeitig] die entsprechenden Verfahren“[136]
offen, die den Lesern in diesem Roman vorgeführt werden. Wodurch „[e]s [...] zu
Verschachtelungen von Diskurs-Ebenen (Metalepsen), zu Geschichten in der
Geschichte, zu strukturellen und personalen Doppelgängereien“[137]
kommt. Eine solche Verdopplung der eigentlichen Erzählung, also ein abermaliges
Erzählen desselben unter anderen Vorsätzen, wird innerhalb der Zamonienromane jedoch
nicht zum ersten Mal in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ ausgestellt,
sondern mit der Figur Blaubär und seinen Erlebnissen schon im ersten Roman „Die
13½ Leben des Käpt’n Blaubär“.[138]
Eine spätere Szene des Theaterstücks wird mit folgenden
Worten eingeleitet:
Ein Vorhang fiel über die Szene, ein anderer direkt daneben hob sich, und schon waren wir mitten in dem von zahlreichen Statisten-Puppen belebten Lokal. Das war die Stelle aus meinem Buch, in der ich dem intriganten Literaturagenten Claudio Harfenstock begegnete und ein Gespräch mit ihm führte, welches mich später in die Fänge von Phistomefel Smeik treiben sollte. Chronologisch war das alles damals ganz anders abgelaufen, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr, denn ich folgte mittlerweile völlig widerstandslos der flüssigen Dramaturgie.[139]
Entgegen seinem vorherigen negativ konnotierten Kommentar,
angesichts der Kürzung und Bearbeitung seines Ursprungstexts, echauffiert sich
*Hildegunst von Mythenmetz hier nicht über die veränderte Chronologie der
Ereignisse[140], sondern
fügt sich nach der bloßen Erwähnung dieser Veränderung dem Stück und seiner
Qualität.[141]
Nach der Beschreibung Claudio Harfenstocks schildert *Mythenmetz in einer
Detailfülle, die im Roman nicht gegeben ist,[142]
die Gerüche, mit denen diese Szene unterlegt ist.
Die Duftorgel verströmte die appetitanregenden Gerüche von gebratenen Würstchen und Speck, von geröstetem Knoblauchbrot und Erbsensuppe, von heißem Kakao und Salbei in zerlassener Butter. Klapperndes Geschirr, angeregtes Geplapper und ausgelassenes Gelächter komplettierte die Illusion eines gutbesuchten Lokals. [...] Neben all den Essensgerüchten lag noch ein unverkennbarer Wald- und Wildgeruch in der Luft, von Harz und Tannennadeln und nassen Wildschweinborsten. Das war ziemlich subtil, denn Harfenstock war ja ein Wildschweinling gewesen, der tatsächlich so ähnlich gerochen hatte.[143]
Dieses Zitat verdeutlicht, dass die einzelnen Ereignisse
aus Hildegunst von Mythenmetz’ vormaligem Besuch Buchhaims nicht nur vermittels
verschiedener Gerüche einer Duftorgel wiedergegeben, sondern darüber hinaus mit
unterschiedlichen Geräuschen angereichert werden, die ebenfalls in dieser Form
in den Schilderungen des Romans fehlen.[144]
Diese zusätzliche Ausgestaltung der Geschehnisse wird wiederholt betont, so lobt
Mythenmetz beispielsweise mehrfach[145]
die Genauigkeit der während des Theaterstücks verwandten Gerüche und bekräftigt
den Lesern gegenüber deren Authentizität, wenn er meint, dass es „so [...]
damals in der Bücherstadt gerochen [habe], als [...] [er] zum ersten Mal durch
die Straßen gewandert war.“[146]
An einer anderen Stelle der Vorführung schwärmt der zurückblickende Erzähler
*Hildegunst von Mythenmetz ausführlich von den Geräuschen, die er während der
Vorstellung vernahm:
Und dann waren da auch noch die Geräusche! Ich darf auf keinen Fall die gekonnte Lautmalerei vergessen, oh meine Freunde, welche die begnadeten Geräuschemacher des Theaters zu diesem Gesamtkunstwerk beitrugen! Ich sage bewusst Lautmalerei und nicht etwa Lärmteppich oder Geräuschkulisse, um auf das künstlerische Niveau hinzuweisen, welches dieses Handwerk im Puppaecircus Maximus erreicht hatte. Jeder Hammerschlag und jeder Glockenschall, jeder Hahnenschrei und jedes Hundegebell, das Knirschen von Wagenrädern auf Kies oder ihr Rumpeln auf Kopfsteinpflaster, das Vogelgezwitscher und Kindergeschrei und Stimmengewirr – all das fügte sich zu eigenen Melodien und Rhythmen, welche der Musikbegleitung des Orchesters an Präzision und Harmonie kaum nachstanden.[147]
Neben diesen auditiven und olfaktorischen Reizen, die die
Theaterdarbietung für Mythenmetz erst zu einer solchen überwältigenden Erfahrung
machen, ist es visuell vor allem die Detailtreue, die ihn für sich einnimmt.
Mythenmetz überrascht[148]
etwa in Bezug auf die „lebensgroße Puppe“[149]
Claudio Harfenstocks, „wie überzeugend man sein Aussehen und seine
Charakterzüge hinbekommen hatte“[150]
oder der Umstand, dass in dieser Szene „sogar eine Zwergenmarionette auf einem
Tisch [stand] und [...] mit nasaler Stimme ein sehr schlechtes Gedicht [verlas]
– fast genau so, wie es damals gewesen war.“[151]
Die Musikstücke und deren Liedgut, die laut *Mythenmetz’
vorheriger Beschreibung[152]
das Zentrale einer solchen „Singerette“ sind, variieren in ihrer musikalischen
sowie literarischen Qualität stark, jedenfalls in den von *Mythenmetz zitierten
Liedern, was dieser innerhalb seines Texts auch benennt und lobend wie tadelnd
kommentiert. Ein Lied der Mythenmetzpuppe bezeichnet der im Publikum sitzende
Lindwurm beispielsweise als einen „etwas blödsinnigen gesungenen Monolog“[153]
und behauptet, dass er „[s]olch einen geknittelten Quatsch [...] selbst in noch
tieferer Verzweiflung und größter Hoffnungslosigkeit niemals gereimt [hätte]!
Geschweige denn gesungen“[154].
Womit er sich und sein Schreiben von den Zeilen anderer abgrenzt und hierdurch
erhöht, wie er dies als Erzähler innerhalb einer Abschweifung bezüglich der
„lyrischen Qualität Bauminger Liedgutes“[155]
bereits äußerst abschätzig in „Ensel und Krete“ tat.[156]
Die Musik dieses Liedes, so Hildegunst von Mythenmetz, sei „ganz offensichtlich
von irgendeinem Konfektionisten für Singeretten von der Stange komponiert
worden [...] und [stände] in scharfem qualitativen Kontrast zu den bisherigen
Klassik-Zitaten“[157].
In einer anderen Szene des Theaterstücks ist der Liedtext „auf Evubeth van
Goldweins unsterbliche letzte Symphonie gemünzt, aus der man auch die Melodie
für die Ballade entlehnt hatte“[158],
was der schreibende Saurier ausdrücklich gutheißt, indem er meint, dass „[d]as
zwar dreist, aber immerhin gut geklaut“[159]
war, denn „[w]enn man schon stiehlt, dann immer nur von den Besten, das war
auch meine Devise.“[160]
Mit dieser Aussage unterstreicht er nicht nur die Qualität des Liedes, sondern
legitimiert die Verwendung des musikalischen Zitats mit seinem eigenen Handeln,
was er – wie bereits zitiert – auch in anderen seiner Romane benennt.
In der bisher angeführten Szene mit Claudio Harfenstock singt
„[d]ie Harfenstockfigur [...] ihren Part mit souveränem Bariton,“[161]
was Hildegunst von Mythenmetz „zwar ein bisschen albern [...] und unangemessen
für einen derart bösartigen und intriganten Fiesling“[162]
findet, jedoch wäre die hierbei verwendete „Musik [...] ausgezeichnet [gewesen]
und erinnerte an Ossigichio Ronanis Operette Der Konditor von Eisenstadt.[163]
Allerdings ist nicht nur der Umstand, dass das Libretto im Bariton gesungen
wird, sondern auch der Text des Lieds, das „auf humoristische Weise
Harfenstocks dubioses Gewerbe als Künstleragent“[164]
benennt, „ein bisschen albern“[165].
„Ich bin das Öl, Du bist der ReimIch bin das Schwungrad im Getriebe
Du bist das Wort, ich bin nur SchleimWeil ich die Bücher gar nicht liebe!
Ich will den Rahm, Du willst die SahneDu willst den Ruhm, ich will die RenteFür mich das Geld, für dich den Namen!
Du willst Erfolg, ich will Prozente!“[166]
Katja Pawlik bemerkt in Bezug auf diese Strophen, dass
Walter Moers hier „ein äußerst banales Libretto [entwirft], das aus Sicht des
Managers Claudio Harfenstock die Differenz zwischen LiteraturagentInnen und SchriftstellerInnen
auf den Punkt bringen soll“[167],
ihm als Autor jedoch „die Möglichkeit [eröffnet], schlechte Verse zu erfinden
und in sein Werk zu integrieren sowie diese genüsslich zu attackieren.“[168]
Demzufolge meint *Mythenmetz denn auch, dass dies „[n]icht unbedingt die beste
Szene des Stücks“[169]
sei, sie „aber das Publikum amüsierte“[170]
und „die Handlung voran[brachte].“[171]
Harfenstock empfahl Mythenmetz zum Schluss [der Szene], den Schriftgelehrten Phistomefel Smeik aufzusuchen, und gab ihm dessen Adresse. Dann fiel der Vorhang. Den peinlichen Vorfall mit dem Bienenbrot hatte man komplett ausgelassen, was mir nur sehr recht war. Unverständlich eigentlich, denn das hätte doch garantiert ein paar Lacher gebracht.[172]
Dass sich Mythenmetz über diese Kürzung wundert, ist an
dieser Stelle nicht mehr mit dem Originalitätsanspruch seines ursprünglichen
Texts begründet, sondern damit, dass er die Sichtweise der Adaption dieses
Texts ein- und ihrer Wirkung auf das Publikum annimmt, womit er das
Theaterstück als eigenständige Variation seines Stoffs in einer anderen
Kunstform unabhängig von seinem Roman begreift.
*Hildegunst von Mythenmetz beanstandet jedoch nicht nur den
Text, der auf der Bühne nach der Bearbeitung seines Romans artikuliert wird, sondern
betont an einer anderen Stelle des Theaterstücks auch dessen Gehalt, wenn er beispielsweise
darauf verweist, dass „dann [...] statt einer dramatischen Szene ein
schlagfertiger humoristischer Dialog zwischen mir und dem Eydeeten [folgte],
der so weder im echten Leben noch in meinem Buch stattgefunden hatte.“[173]
Hiermit würdigt[174]
*Mythenmetz diese Stelle des Stücks und hebt sie in Bezug auf Dramaturgie und
Humor über den von ihm verfassten Roman, teilt beiläufig aber auch seiner
Leserschaft mit, dass durchaus ein Unterschied zwischen den Geschehnissen in
seinem Buch und denen „im echten Leben“[175]
bestand. Dieser Verweis auf eine bestehende Differenz verdeutlicht einerseits neuerlich
die Gemachtheit von „Die Stadt der Träumenden Bücher“, wie zuvor innerhalb des
Buchs die Schilderung der Heimsuchung Mythenmetz’ durch das Orm,[176]
und andererseits die Aussage *Walter Moers’ in „Die halbe Biographie des
Hildegunst von Mythenmetz“, dass das „Reisetagebuch eines sentimentalen
Dinosauriers“ in seinen Schilderungen „literarisch überhöht“[177]
und dementsprechend nicht durchweg authentisch sei.
Die
Auratisierung des Nichtvorhandenen und die Partizipation der Leserschaft
Mit dem Erscheinen von „Die Stadt
der Träumenden Bücher“ eröffnete *Walter Moers in seinem Nachwort seinen Lesern
eine vermeintliche Partizipationsmöglichkeit an seinem literarischen Werk,
denn diese sollten via Email über zwei potentielle Nachfolgerromane entscheiden.[178]
Dass dieses Nachwort in späteren Auflagen nicht mehr abgedruckt wurde und
*Moers in seiner „Anmerkung des Übersetzers“ im Roman „Der Schrecksenmeister“
abermals darauf Bezug nahm[179]
und zu verstehen gab, dass die „Abstimmung
[...] leider zu keinem eindeutigen
Ergebnis“[180] führte und er stattdessen, um einem „Dilemma zu entrinnen“[181],
„willkürlich“[182]
ein Werk aus dem „überladenen Regale in [s]einem
Arbeitszimmer“[183]
zog, hält jene suggerierte Partizipationsmöglichkeit weiterhin aufrecht. Dass
es sich dabei jedoch nur um eine vermeintliche Partizipationsmöglichkeit der
eigenen Leserschaft handelt, wird daran ersichtlich, dass zum einen statt der
angekündigten Nachfolger ein anderer Roman erschien, *Moers die Erklärung
hierfür lediglich im Nachwort dieses Romans nachreichte und zum anderen in
einem Interview den abgegebenen Stimmen wenig Gewicht zugesteht: „Ich habe die
Stimmen nicht genau gezählt, aber es gab keinen deutlichen Überhang für ein
Buch.“[184]
Während die
Partizipationsmöglichkeit der Leserschaft am nächsten Zamonienroman in „Die
Stadt der Träumenden Bücher“ direkt angeboten wird, auch wenn es sich nur um
eine suggerierte handeln sollte, wird eine solche in „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ nur indirekt kommuniziert und entgegen dem Versand einer
Email bedarf es seitens der Leser, wenn man von der Lektüre des Romans absieht,
keines aktiven Handelns, um diese zu realisieren.
Der Roman „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ wird
dadurch, dass *Moers’ „Übersetzung an
einer Stelle abbricht, an der man, [...] gerne weiterlesen würde“[185],
wie er in seinem „Nachwort des Übersetzers“ den Lesern zugesteht, als ein
Fragment inszeniert, genauer als die erste Hälfte eines Texts, der mit diesem
Roman „vor dem vermeintlichen Höhepunkt der Handlung“[186]
endet. „Die wirkliche Geschichte fängt hier erst an. Alles Bisherige war nur
Ouvertüre“[187],
meint *Moers abschließend in seinem Nachwort viel versprechend. Nicht zuletzt deshalb,
weil *Hildegunst von Mythenmetz den Lesern zu Beginn des Romans in Aussicht
stellte, dass ihn diese Geschichte „auf den Weg
in das allergrößte Abenteuer [s]eines Lebens“[188] führen sollte, wird hier eine zuvor forcierte
Erwartung der Leserschaft gebrochen. Diese Unterbrechung der Handlung wird als
eine sichtbare Zäsur ausgestellt, wenn *Walter Moers zu Beginn seines
Nachworts verkündet:
Und hier hört meine Übersetzung auf. Wohlgemerkt: Nur meine Übersetzung, denn Mythenmetz‘ Geschichte im Labyrinth der Träumenden Bücher geht selbstverständlich weiter. Ich musste, so leid es mir tut, den Roman aus Gründen seines Umfangs und seiner Komplexität in zwei Bücher aufteilen.[189]
Wenngleich die von *Walter Moers ebenfalls dort „– wohl nur
im Scherz – vorgebrachten Vorwürfe gegen seinen Verlag“[190]
fiktionsintern als vermeintlicher Grund für die Zweiteilung des Romans und
damit als Legitimation seines Handelns angeführt werden,[191]
verdeutlichen diese Vorwürfe jedoch zeitgleich eine reale ökonomische und damit
verbunden juristische Herrschaft eines Verlages nach der Vertragsunterzeichnung
über einen Text, der sich der Autor nach seiner Unterschrift nur bedingt
verweigern kann.[192]
Dass *Walter Moers im „Nachwort des Übersetzers“ die
unbeantworteten Fragen der bisherigen Handlung von „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ aufgreift und den Lesern noch einmal explizit vor Augen
führt, wiewohl er innerfiktional als Übersetzer des Romans diese eigentlich
beantworten können sollte, lenkt die Rezeption der Leserschaft gezielt auf diese
noch offenen Fragen, deren Beantwortung, wie *Moers angibt, „etwas länger dauern
wird, als [...] ursprünglich vorgesehen“[193].
Mir ist bewusst, dass meine Übersetzung an einer Stelle abbricht, an der man, wie ich glaube, gerne weiterlesen würde. Aber ist dies nicht besser, als froh zu sein, dass das Buch zu Ende ist? Zugegeben: Der Leser wird mit einer Reihe von brennenden Fragen erst einmal alleine gelassen. Kann sich Mythenmetz wieder aus eigener Kraft aus dem Labyrinth befreien? Oder ist er dafür schon zu weit vorgedrungen? Was hat es wirklich mit dem Unsichtbaren Theater auf sich? Ist unser Held nur das Opfer eines harmlosen Scherzes? Oder walten hinter den Kulissen ganz andere Kräfte und Absichten? Wieso hat ihm Corodiak diesen Zettel zugesteckt? Treibt der blinde Puppetist ein falsches Spiel? Wo ist die Schreckse geblieben? Und welche Rolle hat sie in der ganzen Angelegenheit? Nicht zuletzt: Was haben die Visionen von Librinauten und Buchlingen, von fremdartigen Schauplätzen, Personen und Wesen während Mythenmetz’ Heimsuchung durch das Orm zu bedeuten? Waren sie eine Vorausschau auf das, was ihm im Labyrinth noch blüht? Oder war es nur ein literarischer Rausch?[194]
Diese Fragen *Moers’,
verbunden mit den abschließenden Worten der Handlung von „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ „Hier fängt die
Geschichte an“[195]
und der vorherigen Schilderung Hildegunst von Mythenmetz’ der ihn einnehmenden Impressionen,[196]
lässt die „alleine gelassen[en]“[197]
Leser sich selbst fragen, gerade aufgrund der Zäsur, die die Unterbrechung der
Übersetzung darstellt,[198]wie
es wohl im nächsten Roman weitergehen wird und welche der ihnen präsentierten
Fragen wohl ihre Richtigkeit besitzt.
Folglich wird es der Leserschaft selbst überlassen, die
Leerstelle[199] des
Romans, die sich zwischen „Hier fängt die
Geschichte an“[200]
und „Und hier hört meine Übersetzung auf“[201]
auftut, mit ihrer eigenen Vorstellungskraft und den ihnen bis dorthin dargereichten
Schilderungen zu schließen. Und hier zeigt sich jene indirekte
Partizipationsmöglichkeit der Leser am nachfolgenden Roman, denn jenes ihnen
von Mythenmetz versprochene „aller größte
Abenteuer [s]eines Lebens“[202] muss, jedenfalls bis zur nachgereichten Erfüllung dieses
Versprechens durch die Veröffentlichung einer Fortsetzung, in ihrem Kopf
stattfinden,[203]
womit diese implizite Aufforderung jener Grundvoraussetzung des „Unsichtbaren
Theaters“ folgt, die Inazea Anazazi während der Theatervorstellung von „Die
Stadt der Träumenden Bücher“ gegenüber Hildegunst von Mythenmetz formuliert und die in „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ mehrfach wiederholt wird.[204]
„Was soll das?“, fragte ich schließlich ungeduldig, beinahe schon ungehalten. „Wo ist die Puppe, die den Schattenkönig darstellt?“ „Verstehst du denn nicht?“ , fragte Inazea zurück. „Das ist die beste Puppe im Stück überhaupt.“ „Nein“, sagte ich. „Das verstehe ich wirklich nicht.“ „Sie haben ihn aus Respekt nicht als Puppe dargestellt!“ , zischte sie. „Du musst ihn dir selber erschaffen. In deiner Phantasie.“ Sie tippte mit spitzem Finger an ihre Stirn. [..] „Das ist Unsichtbares Theater?“, flüsterte Inazea und sah mich mit einem Blick an, der beinahe schon fanatisch wirkte. [...] „Das Allerneueste im Puppetismus! Es ist nicht wichtig, was das Unsichtbare Theater auf der Bühne veranstaltet“, flüsterte Inazea. „Es ist viel wichtiger, was es in deinem Kopf tut!“[205]
Nachdem der Lindwurm sich auf
die zu imaginierende Puppe ein- und vom Dialog[206] des Theaterstücks leiten
ließ, sieht er während dieser Szene „[z]uerst [...] den Schattenkönig nur als
gezackte Silhouette in diffusem Licht, als Schemen, nebelhaft wie ein Geist.
Aber als [s]ein Widerwille weiter erlahmte, [wurde] [...] er immer konkreter.
[...] Und irgendwann war er einfach da und nicht mehr wegzudenken.“[207] Worauf Hildegunst von Mythenmetz
seinen Lesern erklärt:
Und erst jetzt ging mir die ganze Radikalität dieses Kunstgriffes auf. Unsichtbares Theater – natürlich! […] Ihn vollständig der Phantasie des Publikums zu überlassen, das war die einzige Lösung. Ein genialer dramaturgischer Kunstgriff, den nur jemand einsetzen konnte, der seinen eigenen Fähigkeiten vollkommen vertraute. Der auf Zweifler pfiff. Der Akt eines Genies![208]
Die Aufforderung den eigenen
Kopf zu gebrauchen und hierdurch selbst etwas Neues aus dem Gegebenen zu
erschaffen, liegt nicht nur dem Puppenspiel[209] und dementsprechend dem
Puppetismus[210]
zu Grunde, sondern wird im Verlauf der Romanhandlung in den unterschiedlichsten
Situationen immer wieder als Credo hervorgehoben, sei es in Bezug auf den
Buchwein,[211]
die Visitenkarten des „Unsichtbaren Theaters“,[212] das niedergebrannte
Geburtshaus von Ojahnn Golgo van Fontheweg,[213]
den Phistomefel-Rüssel[214]
oder die Ausführungen Corodiak Smeiks über das „Unsichtbare
Theater“.[215]
Selbst in den verschiedenen
Visionen von Hildegunst von Mythenmetz, gleich ob beim Theaterbesuch,[216] dem Traum auf dem
„Blutigen Buch“,[217]
seinen Sichtungen im Qualmoirrauch[218]
oder schließlich dem vermeintlichen Ormrausch in den Katakomben,[219]
wird die Vorstellung, dass etwas, was eigentlich nicht vorhanden ist, sich
dennoch sichtbar manifestiert, wiederholt bedient.
Dieses bisher noch nicht vorhandene
Werk, das „Das Schloss der Träumenden Bücher“ heißen und anscheinend am
08. Oktober 2024 erscheinen soll,[220]
wird durch die Versprechungen *Walter Moers’,
dass „[a]lles Bisherige [...] nur Ouvertüre“[221]
gewesen sei und hier erst „[d]ie wirkliche Geschichte“[222]
beginne, der Leserschaft überschwänglich angepriesen und gleichzeitig seine
Bedeutung ausdrücklich hervorgehoben, vor allem aufgrund der von *Moers in
seinem Nachwort nochmals aufgeworfenen Fragen.[223]
Durch dieses Ausstellen des momentan Nichtvorhandenen wird diesem eine
besondere Aura verliehen und erst jene Leerstelle geschaffen, die die Leser im
Sinne des „Unsichtbaren Theaters“ für sich
selbst vermittels ihrer Fantasie füllen können.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ sind „[m]ehr als 185 Buchtitel von über 150 Autoren [...] in
der Zamonien-Reihe [...] zu verzeichnen, darunter allein 45 Werke, die der
Feder Hildegunst von Mythenmetz’ entstammen sollen.“[224]
Diese fiktiven Werke verstehen es mit Buchtiteln, „wie ‚Die zwölf Gehenkten am
Mitternachtsbaum‘, ‚Ein Dorf namens Schneeflock‘ und ‚Das Luftgesicht‘“[225], „die Neugier auf zamonische Literatur
zu wecken.“[226] Derart
werden den Lesern durch ihre Titel, Verweise auf ihren Inhalt oder den Zitaten
einzelner Sätze[227]
„einige fiktive Werke besonders schmackhaft gemacht, aber dann eben doch
vorenthalten“[228],
womit „die fiktiven Buchtitel und
Bibliotheken auch als ein – zum Teil ironisches – Versprechen, das nie
eingelöst werden wird und soll“[229], fungieren.
Es soll hier nicht gesagt werden, dass was für diese in den
Romanen teils nur einmal erwähnten Werke gilt, auch seine Gültigkeit für den mit
vielen Versprechungen angekündigten Roman „Das Schloss der Träumenden Bücher“ hat,
durchaus nicht, allerdings erwecken die Wiederholung dieses Kunstgriffs in „Der
Bücherdrache“,[230]
die teils verwirrenden Ankündigungen über die nächsten Publikationen Walter
Moers’, die nach der Veröffentlichung von
„Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ einsetzten, den Eindruck eines bewussten Verwirrspiels
oder aber einer schlechten Absprache der einzelnen Akteure. *Moers selbst äußerte
sich anlässlich der Veröffentlichung von „Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr“ erklärend
folgendermaßen zu diesem Umstand:
Im Jahr 2011 haben wir den Roman »Das Labyrinth der Träumenden Bücher« veröffentlicht. Die Handlung dieses Buches bricht an einer spannenden Stelle ab und wurde seither nicht fortgesetzt. Außerdem wurde vom Verlag ein Roman mit dem Titel »Das Schloss der Träumenden Bücher« angekündigt, in dem diese Handlung fortgeschrieben werden soll. Dieses Buch ist seither in Arbeit, aber bisher noch nicht fertig. Um die Verwirrung zu verstärken, wurde ein weiterer Zamonienroman mit dem Titel »Die Insel der 1000 Leuchttürme« angekündigt, der ebenfalls bisher noch nicht erschienen ist. Und nun kündigen wir für den Herbst überraschend als nächstes Buch aus Zamonien das somnambule Märchen »Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr« an. Ich gebe zu, dass das alles ziemlich irritierend ist und durchaus dazu führen kann, dass man über meine Lebensumstände und Arbeitsmethoden spekuliert. Es ist aber eigentlich weder kompliziert noch mysteriös, und ich versuche es im Folgenden zu erklären: [...] Meine Arbeitsmethode ist seit jeher, dass ich an verschiedenen Projekten gleichzeitig arbeite. Und dazu gehören nicht nur die Romane, sondern auch Comics und Arbeiten für Film und andere Medien. Dabei kommt es gelegentlich vor, dass das eine Projekt das andere außerplanmäßig überholt und früher fertig wird als gedacht. Oder umkehrt [sic!]: Eine Arbeit dauert länger als geplant und wird später fertig. Oder es schieben sich ganz neue Projekte dazwischen. [...] Da mir das »Schloss« als Abschluss der Reihe um die »Träumenden Bücher« äußerst wichtig ist, habe ich schließlich beschlossen, mich nicht weiter unter Veröffentlichungsdruck zu setzen und diesem Buch so viel Zeit zu geben wie es eben braucht. Daher befindet es sich immer noch in Arbeit, obwohl schon umfangreicher Text und viele Illustrationen entstanden sind.[231]
Wenngleich diese Erklärung *Walter
Moers’, die darüber hinaus ebenfalls darauf verweist, dass er noch lebe und
seine Bücher selbst verfasse,[232] vorderhand die
verschiedenen Veröffentlichungen sortiert sowie deren Entstehungsprozess
erläutert, ermöglicht sie der Leserschaft jedoch nicht, darauf zu schließen,
welcher Roman als nächstes erscheinen werde. Denn *Moers dortige Äußerung
In der Zwischenzeit hatte ich auch noch mit der Niederschrift und den Illustrationen von »Die Insel der 1000 Leuchttürme« begonnen, einem weiteren Mythenmetzroman, der mittlerweile kurz vor der Vollendung steht. Voraussichtlich wird er noch vor dem »Schloss« erscheinen können[233],
lässt zu diesem Zeitpunkt
vermuten, da der Roman „kurz vor der Vollendung steh[e]“[234],
dass „Die Insel der 1000 Leuchttürme“ als nächstes Buch
erscheine, allerdings folgt statt der Veröffentlichung dieses Briefromans mit
„Weihnachten auf der Lindwurmfeste oder Warum ich Hamoulimepp hasse“ die
Publikation eines einzelnen Briefs, der aus derselben Zeit wie der Briefroman stammen
soll.[235] Als
nächstes erschien sodann der Roman „Der Bücherdrache“, ein Werk, von dem die
Leser bis zu seiner Ankündigung mit Leseprobe[236]
noch nichts gehört hatten, und verstärkt damit neuerlich, jedenfalls zum Teil,[237]
den Eindruck, dass es sich bei derartigen Äußerungen *Moers’ um ein gezieltes Verwirrspiel der Leserschaft mit möglichen
künftigen Titeln handelt.
Ein Fazit oder etwas Ähnliches
Nachdem diese drei Beiträge picti mundis die verschiedenen
Funktionen, sowohl jene, die dem fiktiven Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz
als Autor, als Erzähler und als Protagonist innerhalb der Romane Walter Moers’ zukommen, als auch jene, die Walter Moers als Autor,
aber auch als gleichnamige literarische Figur, die als Übersetzer, Biograf und
Kommentator in diesen Texten in Erscheinung tritt, verwendet, ausführlich und
unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Forschungsliteratur beschrieben und dementsprechend
die verwobene Verbindung der beiden durch die verschiedenen Zamonienromane
hindurch und innerhalb der polyphonen Äußerungen zahlreicher Figuren dieser
Bücher skizziert hat, beschäftigte sie sich mit den Unzuverlässigkeiten innerhalb
der Literatur Moers’ und den daraus resultierenden widersprüchlichen sowie
übereinstimmenden Aussagen.
Anhand des ausführlichen
Vergleichs von „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ mit dem vorherigen
Buchhaimroman „Die Stadt der Träumenden Bücher“ wurde gezeigt, dass zwei Schilderungen
des dichtenden Dinosauriers charakteristisch für
das Verhältnis beider Romane zueinander sind.
Erst nach dieser grundlegenden Betrachtung konnte sich dieser
Blogeintrag der Frage widmen, wie sich in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“
Autorschaft- und Werkherrschaft manifestieren. In Bezug auf *Walter Moers und
Hildegunst von Mythenmetz ist innerfiktional zu konstatieren, dass der
inszenierte Streit der beiden, der anfangs in den Romanen und im Zuge der
Veröffentlichung von „Der Schrecksenmeister“ ebenfalls im Epitext ausgetragen
wurde, in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ fortgesetzt wird und dort als
das Ringen des Autor Hildegunst von Mythenmetz und seinem Übersetzer *Walter
Moers um die Deutungshoheit über dieses literarische Werk zu verstehen ist.
Die verschiedenen Stimmen anderer Figuren, die der Erzähler
*Mythenmetz in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ integriert, widersprechen
zwar mitunter dem Protagonisten Mythenmetz,[238]
jedoch trotz ihrer Vielstimmigkeit nicht den Ausführungen des Erzählers,
stattdessen widerspricht Mythenmetz *Mythenmetz. Dass der Protagonist derart die
Erläuterungen des Erzählers untergräbt, wurde am mutigen Selbstbild, das
*Mythenmetz zu Beginn des Romans entwirft und den „üblichen hypochondrischen
Anwandlungen“[239],
die Mythenmetz während der Handlung in seinem Verhalten erkennen lässt,
aufgezeigt, wie auch der Umstand beleuchtet wurde, dass fiktionsintern der
Erzähler *Mythenmetz mitunter kalkulierend in den Text eingriff.[240]
Dadurch, dass Mythenmetz als Autor verschiedene Stimmen in seinem Text
anscheinend unmittelbar zu Wort kommen lässt,[241]
integriert er Texte unterschiedlicher Urheber in den eigenen. Er ist hierbei
jedoch die bestimmende Instanz im Sinne der Herrschaft des Verfassers[242]
über den Text. *Moers in seiner Funktion als Übersetzer kann innerfiktional
jedoch nicht nur vermittels von Fußnoten, Nachwort und Kürzungen in den Text
Hildegunst von Mythenmetz’ eingreifen und
die Deutungshoheit über das Geschriebene übernehmen, sondern auch durch seine
Illustrationen, die den Ursprungstext Mythenmetz’
anders als vom Autor beabsichtigt darstellen, was sich etwa an den Zeichnungen
der Lindwürmer zeigt.[243] Am Beispiel von
zwei Szenen der 62 Seiten umfassenden Theaterinszenierung von Mythenmetz’ Roman
„Die Stadt der Träumenden Bücher“ wurde die Konfrontation des literarischen Lindwurms
mit seinem eigenen Werk und dessen ambivalenten Reaktionen und Äußerungen
angesichts der Adaption als Theaterstück betrachtet und aufgearbeitet, in
welcher Weise unterschiedliche Vorstellungen von Autor- und Werkherrschaft hier
von Hildegunst von Mythenmetz bedient werden und er sich hierdurch vom auf der
Bühne Gezeigten distanziert oder aber dieses durch seinen Zuspruch legitimiert.
Selbstreferentielle Verweise sind wiederholt innerhalb von
„Das Labyrinth der Träumenden Bücher“
auszumachen, beispielsweise wird innerhalb des Theaterstücks „Die Stadt
der Träumenden Bücher“ über eine
Bücherpuppe, die Zeilen aus Mythenmetz’ vorherigem Roman „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ zitiert, das literarische
Werk des Lindwurms ausgestellt. Eine Hommage, die die Fülle der Literatur des
dichtenden Dinosauriers zeigt und dadurch Mythenmetz besonders anspricht:
Giuseppe Arcimboldos „Der Bibliothekar“ |
Das war ja eine Bücherpuppe! Eine Bücherpuppe im wahrsten Sinne des Wortes, die Verse aufsagte, welche ich dem zweiten Teil meines Buches vorangestellt hatte. Bei näherer Betrachtung erkannte ich, dass sie aus Büchern meines eigenen Werks zusammengesetzt war: ein Band mit frühen Gedichten, zwei Bände mit Essays, die ormtheorethischen Schriften, eine Märchensammlung und ein paar Romane. Meine eigenen Werke in Puppenform! Ich war entzückt.[244]
Schließlich wurde mit Blick auf die Leserschaft und ihr
Verhältnis zu Werk und Autor bemerkt, dass der Roman „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ durch den Abbruch „vor dem vermeintlichen Höhepunkt der
Handlung“[245] und
*Moers’ Nachwort mit dem Hinweis darauf, dass „[a]lles Bisherige [...] nur [eine] Ouvertüre“[246]
gewesen sei, in Anlehnung an das „Unsichtbare
Theater“, der Leserschaft eine indirekt formulierte
Partizipationsmöglichkeit anbiete.[247]
Den Lesern wird somit eine Deutungshoheit und damit eine Herrschaft über das –
in diesem Fall noch nicht veröffentlichte – literarische Werk offeriert, die in
der eigenen Imagination begründet ist, nachdem sie zuvor dazu aufgefordert wurden sich die weiteren – noch nicht
erzählten – Erlebnisse Mythenmetz’ durch das bisher Gelesene selbst zu ersinnen.
Und hier hört mein Blogeintrag auf. Wohlgemerkt: Nur mein Blogeintrag...
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Moers, Walter: Die 13½ Leben des
Käpt’n Blaubär. Die halben Lebenserinnerungen eines Seebären; mit zahlreichen
Illustrationen und unter Benutzung des „Lexikons
der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und
Umgebung“ von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller. München, Wilhelm Goldmann 362002.
Moers, Walter: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher. Ein Roman aus Zamonien
von Hildegunst von Mythenmetz. Aus
dem Zamonischen übertragen und illustriert von Walter Moers. München,
Penguin Verlag 22017.
Moers, Walter: Der Bücherdrache.
Ein Roman aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen
übertragen und illustriert von Walter Moers. München, Penguin Verlag 2019.
Moers, Walter: Der Fönig. Ein
Moerschen. München, Wilhelm Heyne Verlag 142002.
Moers, Walter: Der
Schrecksenmeister. Ein kulinarisches
Märchen aus Zamonien von Gofid Letterkerl. Neu erzählt von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übersetzt und illustriert von Walter Moers. München,
Piper Verlag 32017.
Moers, Walter: Die Stadt der
Träumenden Bücher. Ein Roman aus Zamonien
von Hildegunst von Mythenmetz. Aus
dem Zamonischen übertragen und illustriert von Walter Moers. München, Piper
Verlag 352017.
Moers, Walter: Ensel und Krete. Ein Märchen aus Zamonien von Hildegunst
von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen
übertragen, illustriert und mit einer halben Biographie des Dichters versehen
von Walter Moers. Mit Erläuterungen
aus dem Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene
Zamoniens und Umgebung von Professor Dr. Abdul Nachtigaller. München,
Wilhelm Goldmann Verlag 252002.
Moers, Walter: Prinzessin Insomnia
& der alptraumfarbene Nachtmahr. Ein
somnambules Märchen aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übertragen von
Walter Moers und illustriert von
Lydia Rode. München, Albrecht Knaus Verlag 2018.
Moers, Walter: Rumo & Die
Wunder im Dunkeln. Ein Roman in zwei Bücher. Illustriert vom Autor. München, Piper
Verlag 82009.
Moers, Walter: Wilde Reise durch
die Nacht. Nach einundzwanzig Bildern von Gustave Doré. München, Wilhelm
Goldmann Verlag 52003.
Moers, Walter: Weihnachten auf der
Lindwurmfeste oder Warum ich Hamoulimepp hasse. Von Hildegunst von Mythenmetz. Aus
dem Zamonischen übertragen von Walter Moers, Illustriert von Walter Moers und
Lydia Rode. München, Penguin Verlag 22018.
Sekundärliteratur
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Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der
Goethezeit. Neue, mit einem Nachwort von Wulf D. v. Lucius versehene Auflage. Paderborn,
Wilhelm Fink Verlag 2014.
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und Lebenden Büchern. Allegorien und Parodien poststrukturalistischer
Literaturtheorie in den Katakomben der Stadt
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Zamonien-Romane. Vermessung eines fiktionalen Kontinents. Göttingen, V&R
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Autorschaft. In: Matthias Schaffrick und Marcus Willand (Hrsg.): Theorien und
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Genette, Gérard: Palimpseste. Die
Literatur auf zweiter Stufe. Übers. v. Wolfram Bayer u. Dieter Hornig. Frankfurt
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Goslar, Tim-Florian: Zurück nach
Arkadien. Die Kulturlandschaften Zamoniens in Die Stadt der Träumenden Bücher. In: Gerrit Lembke (Hrsg.): Walter
Moers’ Zamonien-Romane. Vermessung eines fiktionalen Kontinents. Göttingen,
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fast alle Fragen von heute stehen in alten Büchern“. Trivialdramaturgie und
ihre Rettung in Walter Moers’ Zamonien-Romanen. In: Gerrit Lembke (Hrsg.):
Walter Moers’ Zamonien-Romane. Vermessung eines fiktionalen Kontinents. Göttingen,
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O. V.: Knaus folder moers
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am 09.08.2019.
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http://de.zamonien.wikia.com/wiki/Liste_der_Buch-ausgaben, am 08.09.2019.
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Schattenkönig der phantastischen Literatur. URL:
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am 09.08.2019.
Philipp, Claus: Interview mit einem
Unsichtbaren: Walter Moers. URL:
https://derstandard.at/1785787/Interview-mit-einem-Unsichtbaren-Walter-Moers, am
09.08.2019.
Platthaus, Andreas: Moers trifft
Mythenmetz. Natürlich bleibt Ihr Buch ein Schmarrn. URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651.html,
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651-p2.html
und http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651-p3.html,
am 09.08.2019.
Schaffrick, Matthias: Ambiguität
der Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul). In: Svetlana Efimova
(Hrsg.): Autor und Werk. Wechselwirkungen und Perspektiven. Sonderausgabe # 3
von Textpraxis. Digitales Journal für Philologie (2.2018). URL:
https://www.textpraxis.net/sites/default/files/beitraege/matthias-schaffrick-autor-werk-herrschaft.pdf,
am 09.08.2018.
Weidermann, Volker: Walter Moers: „Im
Jenseits werde ich streng bestraft“. URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/walter-moers-im-jenseits-werde-ich-streng-bestraft-1104684.html,
am 09.08.2019.
Zemla, Peter: Gespräch mit dem
Fantasy-Autor Walter Moers. Nur der Scheich ist wirklich reich. URL: http://www.buchjournal.de/111012/,
am 09.08.2019.
[1]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 110-126.
[2]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 111.
[3]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 114.
[4]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 115.
[5]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 115 f.
[6]
Die in ihrer Fülle und zum Teil ihrer Thematisierung von profanen Dingen, wie
etwa im Fall der „Bibliozisten“ und „Bibliokraten“, diese Einteilungen als
unsinnig zeichnen. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, u.a.
S. 119 f. und 125.
[7]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 120-123.
[8]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 113.
[9]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 113.
[10]
„Das moderne Urheberrecht regelt Mein und Dein in der Rede, und zwar mit Hilfe
des Autors. Dem Autor sichert es gesetzlich den Anspruch zu, über die
Vervielfältigung seines Werks zu bestimmen, und daraus bis zu einem
festgesetzten Zeitpunkt nach seinem Tode
Gewinn zu ziehen. Rechte und Befugnisse des Autors sind in Autorschaft
begründet“. In: Heinrich Bosse: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die
Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit. Neue, mit einem
Nachwort von Wulf D. v. Lucius versehene Auflage, S. 7. Bei jenem Werk handelt
es sich um ein Produkt, bei dem „das greifbare Äußere nur zusammen mit einem
geistigen Innen auf[tritt], denn [...] ‚hinter dem Autorwerk steckt ein über
die Schrift- oder Druckdarstellung hinausgehendes Etwas, und dieses ist der
Gegenstand des Schutzes‘. Ebendieses immaterielle geistige Gut macht, daß ein
Werk dasselbe bleibt, nicht nur wenn es mechanisch vervielfältigt, sondern
auch, wenn es in andere Medien übertragen, übersetzt und bearbeitet wird.“ In: Heinrich
Bosse: Autorschaft ist Werkherrschaft, S. 13. Diesem Schutz liegt die Beziehung
von Autor und Werk zugrunde, die auf „zwei wirkungsmächtigen Vorstellungen
[beruht], nach denen in der Tradition das persönliche Verhältnis von Autor und
Werk gedacht worden ist. Die eine, uns heute etwas ferner stehende, begegnet
erstmals im 52. Epigramm (Buch I) des römischen Dichters MARTIAL (40-104), und
es ist bezeichnend, daß dieses Verstellungsschema gleich an einem
Urheberrechtskonflikt entwickelt wurde. MARTIALS alter ego sieht in besagtem Gedicht seine Werke als freigelassene
Sklaven des Autors, die von einem anderen poeta
widerrechtlich wieder eingefangen wurden und nun in dessen Haus arbeiten
müssen. [...] Daß er sich die offiziell Freigelassenen gewaltsam dienstbar
gemacht hat, macht ihn, mit den drastischen Worten von MARTIALS Epigramm zum
‚Menschenräuber‘ zum plagiarius.“ In:
Roland Reuß: Autorverantwortung und Text, S. 10 f. Dieser beanstandete
„Übergriff ist [gleichzeitig] auch ein Eingriff in den spirituellen Gehalt des
Werks selbst. Von Anfang an sind demnach hier nicht nur Fragen der Verwertung,
sondern auch der Autonomie des Produzenten und der Integrität des Produktes,
das er vorlegt, ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.“ In: Roland Reuß:
Autorverantwortung und Text, S. 11. Bei der anderen Vorstellung ist „[d]ie
zugrundeliegende Analogie [...] die von Eltern und Kind.“In: Roland Reuß:
Autorverantwortung und Text, S. 11. Wenn davon ausgegangen wird, dass „das Werk
[…] als Kind des Autors“, in: Roland Reuß: Autorverantwortung und Text, S. 12,
zu sehen sei, werden zwei Annahmen impliziert, „die bei den auf die Vorstellung
vom Eigentum codierten Diskursen immer zu kurz kommen. Erstens: Es gibt ein
geistiges und sittliches Band zwischen Autor und Werk, das als Wert höher steht
als jede Ökonomie und Verwertbarkeit. Wer einmal ein Buch geschrieben hat, wird
wissen, daß die entscheidende Primärmotivation die ist, der Sache, mit der man
sich beschäftigt, gerecht zu werden, und nicht primär der Gedanke, Geld mit ihr
zu verdienen. Es gibt keine schöpferische Arbeit, die nicht diesen Sachbezug in
den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit versammelt. Früher hatte diese Einstellung
noch einen vollen Namen: Hingabe.
Zweitens: Das Produkt der geistigen Tätigkeit macht sich, ist es einmal in der
Welt, nach und nach zwar von seinem Urheber selbständig – es soll nach dem
Willen des Autors eine Wirkung entfalten. Die Auswahl der Kontexte der
anfänglichen Wirkungsgeschichte liegt allerdings durchaus – und gerade um
dieser zu erzielenden Wirkung willen – noch im Verantwortungsbereich des
Autors. Das Werk entspringt dem Kopf des Urhebers eben nicht wie Pallas Athene
dem Haupt des Zeus, gleich erwachsen und in voller Rüstung. Es ist
schutzbedürftig, und jeder Autor kann Hilfe bei dessen sorgsamer Betreuung gut
gebrauchen.“ In: Roland Reuß: Autorverantwortung und Text, S. 12.
[11]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 112 f.
[12]
Vgl. Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln, S. 66 f.
[13]
Vgl. Walter Moers: Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär, S. 545.
[14]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 206.
[15]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 96-102.
[16]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 113.
[17]
Vgl. Pascal Klenke: Übersetzt aus dem Zamonischen, S. 543.
[18]
Im Interview „MOERS TRIFFT MYTHENMETZ“ wird dies etwa folgendermaßen zur
Sprache gebracht:
„Kommen wir doch lieber gleich
zu den konkreten Vorwürfen. Sie, Herr von Mythenmetz, werfen dem Übersetzer
Walter Moers vor, dass er Ihr Buch ‚Der Schrecksenmeister‘ stark gekürzt hat.
Mythenmetz: Um
siebenhundert Seiten!
Moers: Das war eine Notwendigkeit.
Mythenmetz: Das war eine Unverschämtheit. Ein
barbarischer Akt.
Moers:
Herr Mythenmetz, Sie sollten anerkennen, wie loyal ich Ihrem Werk
bisher zugearbeitet habe. In ‚Ensel und Krete‘ ließ ich sämtliche
mythenmetzschen Abschweifungen ungekürzt, und ich stehe dazu. Dieser Kunstgriff
ist ein fester Bestandteil des Werkes, ohne den es nicht denkbar wäre. Aber
beim ‚Schrecksenmeister‘ handelt es sich um eine komplett andere Sache.“ In: Andreas
Platthaus: Moers trifft Mythenmetz. Natürlich bleibt Ihr Buch ein Schmarrn. [http://www.faz.net/aktuell/feui-lleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651.html].
[19]
„In vielen übersetzungstheoretischen Schriften wird der Übersetzer [...] als
Gefahr für den Ausgangstext gesehen. Seine Vermittlertätigkeit stellt eine
Verfremdung dar, die nur der Notwendigkeit geschuldet ist, einen Text über die
Sprachgrenzen hinweg bekannt zu machen.“ In: Evelyn Dueck: Diener zweier Herren. Der Übersetzer zwischen Fergendienst und
Autorschaft, S. 289. *Walter Moers in seiner Übersetzungstätigkeit bedient
diese Befürchtung, indem er durch seine Kürzungen das Original stark verändert
und derartige Befürchtungen gezielt ironisch bestätigt. „Der Mangel an Treue
gilt als eine der Hauptsünden der Übersetzung und wird vor allem Dichtern
vorgeworfen: sie seien zwar die Einzigen, die Gedichte adäquat übersetzen
könnten, wären aber nicht im Stande, ihre eigenen poetischen Impulse
zurückzunehmen und dem anderen Text somit rückhaltlos zu dienen.“ In: Ebd.
*Moers’ gehäufte Hinweise auf seine Übersetzung ähneln hierbei üblichen
Hinweisen von Übersetzern, die sich und ihre Übersetzung damit vom Original
abgrenzen. „Wie das Vorwort, so dienen auch viele Anmerkungen, Fußnoten und
Hinweise des Übersetzers im Text der Anerkennung der Einzigartigkeit des
Originals z.B. wenn auf unübersetzbare Worte hingewiesen wird. Darüber hinaus
markieren sie den Text als Fremden und verhindern die Illusion einer restlosen
Übertragung“. In. Ebd. Anders als diese üblichen Hinweise, bei denen der
Übersetzer „bereits im Vorwort darauf aufmerksam macht, dass seine Arbeit sich
mit dem Original weder messen kann, noch will“, in: Ebd., diskreditiert *Walter
Moers in solchen Verweisen die Texte von Mythenmetz. Vgl. u.a. Walter Moers:
Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429, Walter Moers: Der
Schrecksenmeister, S. 382 f. Zudem verweist *Moers für gewöhnlich erst im
Nachwort detailliert auf seine Übersetzungstätigkeit, „Weihnachten auf der
Lindwurmfeste oder Warum ich Hamoulimepp hasse“ bildet hier eine Ausnahme. Vgl.
Walter Moers: Weihnachten auf der Lindwurmfeste oder Warum ich Hamoulimepp
hasse, S. 17.
[20]
Vgl. Walter Moers: Der Schrecksenmeister, S. 382 f. und Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429. Im Interview „MOERS TRIFFT MYTHENMETZ“
wird die Unlesbarkeit des Originals wie folgt benannt:
„Moers: [...] Neben ein paar Abschweifungen alltäglicher
Natur - über das Wetter, schlechte Kritiken oder unzureichende Vorschüsse -
würde ich die übrigen generell unterscheiden in hypochondrische und
kulinarische Abschweifungen.
Mythenmetz:
Beim ‚Schrecksenmeister‘ handelt es sich um ein kulinarisches
Märchen! Eine traditionelle Gattung der zamonischen Literatur! Da werden doch
wohl ein paar Bemerkungen zum Thema Esskultur erlaubt sein.
Moers:
Die ja auch reichlich erhalten geblieben sind. Aber man sollte sich
entscheiden, ob man ein kulinarisches Märchen oder ein Kochbuch für Lindwürmer
schreiben will. Ihre Essgewohnheiten in Ehren, aber für einen Nichtlindwurm
sind die Rezepte schon äußerst gewöhnungsbedürftig. Wenn ich zum Beispiel ein
vierzehnseitiges Rezept lesen muss, das mit den Worten beginnt: ‚Nageln Sie
einen lebendigen Oktopus auf ein Holzbrett‘, dann vergeht mir nicht nur der
Appetit aufs Essen, sondern auch auf die Lektüre.
Mythenmetz:
Daran kann ich mich nicht erinnern.“ In: Andreas Platthaus: Moers
trifft Mythenmetz. Natürlich bleibt Ihr Buch ein Schmarrn. [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651-p2.html].
[21]
Vgl. Andreas Platthaus: Moers trifft Mythenmetz. Natürlich bleibt Ihr Buch ein
Schmarrn. [http:// www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651.html].
[22]
So meint *Moers dort: „Mythenmetz benutzt in Ensel und Krete erstmals eine
erzählerische Methode, die er selbst die Mythenmetzsche Abschweifung nennt. Das
ist wirklich eine bahnbrechende, ja revolutionäre Technik, auf die kein
Schriftsteller unserer Kultur gekommen ist. Der Leser erhält sozusagen zwei
Bücher gleichzeitig geboten - zum Preis von einem.“ In: O. V.: Interview mit
Walter Moers dem Übersetzer von Ensel und Krete, einem Märchen aus Zamonien von
Hildegunst von Mythenmetz. [http://archive.is/xER20].
[23]
„Mythenmetz wird als eitle Künstlerpersönlichkeit, neurotischer Charakter und
chronischer Hypochonder dargestellt, als Autor, der mit dem eigenen
dichterischen Verdienst prahlt und sich selbstherrlich die Erfindung
literarischer Mittel und Techniken zuschreibt, die er von sich selbst
eingenommen ‚Mythenmetzsche Ungewißheitsschürung‘, ‚Mythenmetzsche
Ereignisandrohung‘ oder eben ‚Mythenmetzsche Abschweifung‘ tauft.“ In: Katja
Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 113.
[24]
„Für die Zamonische Literatur mag Mythenmetz’ Behauptung, dem Leser etwas
völlig Neues zu präsentieren, zutreffend sein. Für den Moers-Leser dagegen
stellt ein abschweifender Erzähler keine allzu große Sensation dar.“ In:
Mareike Wegner: „Wissen ist Nacht!“, S. 87. Mareike Wegner schildert hierauf
detailliert die Verwendung von Abschweifungen seit der Antike und hebt bei
ihren Ausführungen besonders Laurence Sterne und Jean Paul hervor. Vgl. Mareike
Wegner: „Wissen ist Nacht!“, S. 87-94.
In seinen Romanen
legt etwa Jean Paul „großen Wert darauf, dass die digressiven Passagen
keineswegs überflüssiges Beiwerk, sondern integraler Bestandteil [...] [von
ihnen] sind“, in: Mareike Wegner: „Wissen ist Nacht!“, S. 93, während
„Mythenmetz dagegen [...] erst gar nicht [versucht], eine Verknüpfung zwischen
Haupttext und Abschweifung herzustellen.“ In: Mareike Wegner: „Wissen ist
Nacht!“, S. 94. Hildegunst von Mythenmetz geht in seiner dort betriebenen
Selbstdarstellung, der seines Schreibens und der Funktion seiner Abschweifungen
noch weiter und „sieht im Gegenteil den Inhalt der Abschweifungen als so
beliebig und unbedeutend an, dass er sogar darüber nachdenkt, die
Abschweifungen als Werbeflächen zu nutzen“. In: Mareike Wegner: „Wissen ist
Nacht!“, S. 94.
[25]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 40 f.
[26]
Wie etwa die „Mythenmetzsche Ungewissheitsschürung“ und die „Mythenmetzsche
Ereignisandrohung“. Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 69 f. und S.
206.
[27]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 40 f., S. 118, S. 164, S. 202 f., S.
206.
[28]
Gerrit Lembke: Vielstimmiges Schweigen, S. 480.
[29]
„Obwohl die Mehrheit der Leser dem Fluß der Geschichte zu folgen wünscht,
schaltet sich eine übergeordnete, nicht durch freie Wahlen legitimierte Macht
ein und verordnet, daß es nur noch ‚Brummli‘ zu lesen gibt.“ In: Walter Moers: Ensel
und Krete, S. 61.
[30]
Ebd.
[31]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 59-62.
[32]
Walter Moers: Ensel und Krete, S. 60.
[33]
Die in der von *Moers bearbeiteten Variante zudem noch einen anderen Schrifttyp
als die Geschichte um Ensel und Krete besitzt und somit leicht zu überblättern
wären.
[34] Walter
Moers: Ensel und Krete, S. 85.
[35]
Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 462.
[36]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 310 f.
[37]
Denn „[d]er Autor kommt, da er selbst nicht beobachtbar ist, als ein
diskursiver Effekt seines Werkes zum Vorschein, so wie das Werk umgekehrt,
werkgenetisch betrachtet, ein Resultat der semiotischen Leistung des
schreibenden Autors darstellt.“ In: Matthias Schaffrick: Ambiguität der
Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul), S. 11. Folglich ist „Werkherrschaft […] die Herrschaft eines Abwesenden, der von seinem Werk repräsentiert
wird. Das Werk also repräsentiert die Herrschaft seines Autors.“ In: Matthias
Schaffrick: Ambiguität der Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul),
S. 8.
[38] Walter
Moers: Der Schrecksenmeister, S. 382 f.
[39] Katja
Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 141.
[40]
Vgl. Andreas Platthaus: Moers trifft Mythenmetz. Natürlich bleibt Ihr Buch ein
Schmarrn. [http:// www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/moers-trifft-mythenmetz-natuerlich-bleibt-ihr-buch-ein-schmarrn-1488651-p3.html].
[41]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[42]
Ebd.
[43]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[44]
Vgl. Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 139.
[45]
Ebd.
[46]
Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 283.
[47]
Ebd.
[48]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 307.
[49]
Ebd.
[50]
Ebd.
[51]
„Sie haben es vielleicht noch nicht bemerkt, aber Sie sind schon mittendrin in
einer von mir entwickelten und vollkommen neuartigen schriftstellerischen
Technik, die ich die Mythenmetzsche
Abschweifung nennen möchte.“ In: Walter Moers: Ensel und Krete, S. 40.
[52]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 254 f.
[53]
Katja Pawlik zählt unter anderem auch die „Mythenmetzschen Mentalgemälde“ und
die „Puppetistischen Notizen“ in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ zu den
Abschweifungen der zamonischen Romane. Vgl. Katja Pawlik: Von Atlantis bis
Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 107 f. In Katja Pawliks 2016 publiziertem
Buch „Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers. Die Zamonien-Romane
Walter Moers’ im Kontext der menippeischen Satire“ heißt es hierzu: „Neben
ausufernden Beschreibungen kann man auch im weiten Sinne für den Plot nicht
notwendige Parallelhandlungen, Lebensgeschichten einzelner Figuren und
Einschübe wie Märchen und Sagen zu den digressiven Elementen der
Zamonien-Romane zählen. Mit diesem erweiterten Fokus kann man Abschweifungen in
jedem der sechs bisher erschienenen Zamonien-Bücher ausmachen“. In: Katja
Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 107.
[54]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 307 und S. 429.
[55]
Martin Stern beschreibt in „Die sieben A der Autobiographie“ sieben
Entscheidungen, die für das Verfassen einer Autobiographie elementar sind und
bei denen der Schreibende sich jeweils bewusst entscheiden muss. Diese sind
Auswahl, Anordnung, Akzentuierung, Anfangspunkt, Ausdehnung, Außenmaterial und
Autorpräsenz. Vgl. Martin Stern: Die sieben A der Autobiographie, S. 13.
[56] „Solange
wie das Werk unabgeschlossen bleibt, argumentiert Carlos Spoerhase, behält der
Autor die Verfügungsgewalt über die Bedeutung seines Werkes, weil er stets
‚eine supplementäre Erklärung des eigentlich Gemeinten vornehmen kann, die an
keine weiteren Kriterien als an das bloße Faktum seiner retroaktiven
Bedeutungszuschreibung gebunden ist‘.“ In: Matthias Schaffrick: Ambiguität der
Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul), S. 16 und vgl. Carlos
Spoerhase: Was ist ein Werk? Über philologische Werkfunktionen, S. 341. Dennoch
meint Matthias Schaffrick, dass „auch das unvollendete Werk [...] bereits
Formen vor[gibt], dem spätere Werke oder Erklärungen neue Beobachtungen
hinzufügen, wodurch das Formenarrangement komplexer, vielfältiger, mehrdeutiger
wird, aber nicht beherrschbar.“ In: Matthias Schaffrick: Ambiguität der
Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul), S. 16.
[57]
„Moers’ zamonische Protagonisten gehen aber über bloße Selbstthematisierung,
-darstellung und -inszenierung hinaus. Woran Mythenmetz und Nachtigaller
arbeiten, muss als ‚Selbstmythisierung‘ bezeichnet werden. Gerade was die
Mythisierung der eigenen Lebensumstände anbetrifft, erweist sich Mythenmetz als
ein fleißiger Schüler Goethes (respektive Fonthewegs).“ In: Sebastian Speth:
Die Arbeit am Mythos des Hildegunst von Mythenmetz, S. 89.
[58]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 13, S. 15 und S. 24
f.
[59]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 161.
[60]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 76.
[61]
Vgl. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 475.
[62]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 94.
[63]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 177.
[64]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 340 f.
[65]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 341.
[66]
Ebd.
[67]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 116.
[68]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 163.
[69]
Mythenmetz’ Erscheinung wird, ebenfalls im Ton seiner Schilderungen über sich
selbst, Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 16, mehrfach
von unterschiedlichen Figuren abwertend kommentiert. Ihm wird beispielsweise
gesagt, dass er „,[…]ganz schön zugelegt um die Hüften[…]‘“, in: Walter Moers:
Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 154, habe, und darüber hinaus wird er
als „,[…]Dickwanst!‘“, in: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher,
S. 42, als „,[…]Blödmann.‘“, in: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden
Bücher, S. 62, und als „,[…]Dicker!‘“, in: Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 373, bezeichnet.
[70]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 13.
[71]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 15.
[72]
„Nachdem die Lindwurmfeste einige Zeit aus dem Sichtfeld verschwunden war,
strömten Ideen für Kurzgeschichten, Gedichte, ja ganze Romane auf mich ein. Den
lieben langen Tag ging das so, und immer wieder musste ich pausieren, um mir
das Wichtigste in mein Notizbuch zu schreiben.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth
der Träumenden Bücher, S. 34.
[73]
„Sogar die Schuppen fielen von mir ab! Tatsächlich, mit dem Beginn meiner
Wanderung setzte eine meiner periodischen Häutungsphasen ein: Mein bislang
grünes Schuppenkleid verabschiedete sich, um einem von rötlicher Farbe zu
weichen. Nach der gelblichen Haut meiner Kindheit, der grünlichen meiner Jugend
und ersten Erwachsenjahre, war die eine meiner jetzigen Reife angemessene,
geradezu majestätische Farbe: Rot.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 35.
[74]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 30.
[75]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 296.
[76]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 280-284.
[77]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 283.
[78]
Sowohl als tapfer als auch als mutig bezeichnet er seine Leser, die weiterhin
diesen Roman lesen würden. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden
Bücher, S. 10 f.
[79]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 9 f.
[80]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 10.
[81]
Ebd.
[82]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 11.
[83]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 16.
[84]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, u.a. S. 229 f., S. 232
f., S. 251 f. und S. 266-268.
[85]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 381-388.
[86]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 57-59.
[87]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 31.
[88]
Ebd.
[89]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 31.
[90]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 47-63.
[91]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 307-335.
[92]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 63.
[93]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 196.
[94]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 65.
[95]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 68-81.
[96]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 71.
[97]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 79.
[98]
„Jenseits von Urheberrechtsgesetzen ist Werkherrschaft nämlich nicht nur als
Herrschaft des Autors über das Werk, das er geschaffen hat, zu verstehen,
sondern auch als Herrschaft des Werks über den Autor, der erst durch sein Werk
und dessen Veröffentlichung seinen Status als Autorsubjekt konsolidiert. Der
Autor ist ebenso sehr Autor des
Werkes wie er Autor des Werkes ist.
Die eine Seite des Terms lässt sich ohne die andere nicht denken. Beide Begriffe,
Autor und Werk, sind ‚Relationsbegriffe‘, deren konzeptionelle Einheit sich nur
aus der konstituierenden Differenz zum jeweils anderen ergibt.“ In: Matthias
Schaffrick: Ambiguität der Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul),
S. 2. Denn „Kunstwerke, die sich von Kunstprogrammen ‚in Form von Rezepten und
Regeln‘ frei machen müssen, wenn sie dem ‚Neuheitsgebot‘ und Originalitätsdruck
der Autonomieästhetik genügen wollen, sind ihre eigenen Programme. Was als
Kunst möglich ist, ‚ergibt sich nicht aus Gesetzen, sondern daraus, daß und wie
man angefangen hat.‘ Selbstprogrammierung bedeutet, dass das Kunstwerk ‚die
Bedingungen seiner eigenen Entscheidungsmöglichkeiten‘ konstituiert.“ In: Matthias
Schaffrick: Ambiguität der Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul),
S. 10.
[99] Anne
Isabelle François: Le dragon, le traducteur et la « copie originale ». [https://journals.openedition.org/
trans/1702#ftn30].
[100]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 18-26, S. 57-59 und
S. 134-136.
[101]
*Walter Moers in seiner Funktion als Illustrator bebildert auch das
Theaterstück von „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ und bietet seinen
Lesern neue zeichnerische Eindrücke des alten Buchhaims, was insbesondere am Beispiel der Colophonius-Regenschein-Gasse,
aber auch an der Szene mit den Leidener Männlein oder der mit den Buchlingen
deutlich wird. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 226
f., 244 f. und 270 f. Diese Zeichnungen basieren jedoch auf der Erzählung
Hildegunst von Mythenmetz’ über das
Theaterstück, welches seinerseits auf den vorherigen Schilderungen des
Lindwurms basiert, mit denen dieser seine einstigen Erlebnisse in Buchhaim
rekapitulierte, womit auch über die Illustrationen eine mehrfache Vermittlung
des Inhalts betont wird.
[102]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 225.
[103]
Ebd.
[104]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 223.
[105]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 221-224.
[106]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 228.
[107]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 229.
[108]
Ebd.
[109]
„‚Das war etwas mehr, als ich erwartet hatte‘, sagte ich [Hildegunst von
Mythenmetz] zu Inazea, als wir schließlich draußen auf dem Platz vor dem
Theater standen [...]. Das war die größtmögliche Untertreibung, die mir gerade
einfiel. ‚Ich würde einiges dafür geben, die Leute kennenzulernen, die das
vollbracht haben.‘“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S.
287.
[110]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 283.
[111]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 229.
[112]
Ebd.
[113]
„Mit der ersten Möglichkeit sind Fälle gemeint, in denen der Text als Substanz
(belebt oder unbelebt) gesehen wird, die durch Vermittlung des Autors in die
Welt tritt, also als Lebewesen, mit dem Autor als Vater bzw. Erzeuger (eine
insgesamt seltenere, weil als kühner empfundene Metapher) [...]. Häufiger ist
die Metapher etwa vom Text als Wasser mit dem Autor als Quelle. Dabei schließt
sich im letzteren Fall etwa die Metapher vom Redefluß an, in der der Strom der
Worte ja als Teilaspekt eines umfangreicheren Vorstellungskomplexes – eines
‚Bildfeldes‘ – einen Ursprung impliziert.“ In: Christopher G. Leidl: Autor und
Werk. Metaphern in der Konstitution literarischer Kategorien, S. 5.
[http://dictynna.revues.org/135].
[114]
Vgl. beispielsweise „Im zweiten Fall, dem der Inspiration, etwa durch die
Musen, ist es fraglich, ob man den gesamten Vorstellungsbereich der
Dichterinspiration unter dem Begriff ‚Metapher‘ fassen will, jedenfalls erfolgt
aber die Realisierung der Vorstellung im Text über Metaphern wie die vom
Wasser, oder den verschiedenen Wasserarten der Musen (Musenquell). Bei diesem
Typ von Autor kann zwar von seinem Verschwinden nicht die Rede sein, aber die
Autorisierung der Inhalte des Werkes, die Verantwortung für das Werk wird einem
automatisierten Prozeß übertragen, der willentlich kaum beeinflußbar
erscheint.“ In: Christopher G. Leidl: Autor und Werk, S. 6.
[http://dictynna.revues.org/135].
[115]
Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 475.
[116]
Vgl. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, u.a. S. 19 und S. 393-400.
[117]
„Ist schon generell die Betrachtung des Urhebers einer Handlung als eines
Handwerkers, der ein Werkstück verfertigt oder bearbeitet, sehr verbreitet, so
gilt das insbesondere auch vom Verfertiger einer Dichtung. Zugrunde liegt eine
Verdinglichung von Vorgängen, menschlichen Taten, die diese als von ihren
Urhebern hervorgebracht und zugleich getrennt als unwandelbare Entitäten
betrachtbar erscheinen lassen kann. Ob als Baumeister, der das Fundament der
Rede legt, als Schiffsbauer, der den Rumpf zusammenfügt, als Schmied, der die
Worte auf dem Amboß formt, als Weber, der ein Gewand der Rede webt, als
Tischler, der Worte drechselt, der poeta faber mit seiner τέχνη ist eine
vertraute Figur. Der beherrschende Aspekt scheint hier derjenige der
Sachgemäßheit zu sein, die an dem vollendeten Werkstück – das, wenn es gelungen
ist, seinen Meister lobt – beurteilt werden kann.“ In: Christopher G. Leidl:
Autor und Werk, S. 7. [http://dictynna.re-vues.org/135].
[118]
„Die Einheit von Autor und Werk [...] beruht auf einer sehr gängigen, uns immer
noch vertrauten Metonymie, durch die der Verursacher für das Verursachte
eintritt, wie in ‚Vergil lesen, Platon lesen‘ etc.“ In: Christopher G. Leidl:
Autor und Werk, S. 4. [http://dictynna.revues.org/135]. Diese Metonymie macht
einerseits „alle Aussagen in einem Text potentiell autobiographisch deutbar,
was wie erwähnt für die antike Dichterbiographie eine wichtige, wenn auch durch
Fehldeutung von Metaphorik oft zu Fehlschlüssen führende Methode der
Informationsgewinnung war, und wogegen sich der Dichter dann zu verwahren hat.“
In: Christopher G. Leidl: Autor und Werk, S. 4.
[http://dictynna.revues.org/135]. Was gerade im Fall von Hildegunst von
Mythenmetz als fragliche Deutung ausgestellt wird, wenn *Moers – wie bereits
beschrieben – die Glaubwürdigkeit des schreibenden Sauriers unterminiert.
Andererseits erlaubt es diese Metonymie „– und hier kommen wir zur Metapher –
[...], über Texte wie über Personen zu sprechen, also physiologische oder
moralische Begriffe auf die Texte anzuwenden, z.B. auch stilistische
Charakteristika als persönliche Eigenschaften des Autors zu beschreiben (ein
Autor ist ‚trocken‘). [...] Das Paradox liegt darin, daß gerade indem hierbei
vom Autor gesprochen wird, der historische Autor im Text verschwindet, zu einer
Funktion des Textes wird.“ In: Christopher G. Leidl: Autor und Werk, S. 4.
[http://dictynna.revues.org/135]. Was gleichfalls in „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ zum Tragen kommt, wenn *Mythenmetz meint, dass „[e]inen Mythenmetz hinlegen [...] eine
volksmündliche Umschreibung dafür [geworden war], in einem künstlerischen Beruf
eine einzigartige Karriere gemacht zu haben.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth
der Träumenden Bücher, S. 13. Auch seine Aufforderung innerhalb der
„Puppetistischen Notizen“, dass man ihm zur Ehre postum das Wort „mythenmesk“
zur Beschreibung bestimmter Sachverhalte verwenden solle, bedient sich dieser
Vorstellung, zeigt gleichzeitig aber auch den Versuch des fingierten Autors
Mythenmetz als Erzähler seine Leserschaft zu lenken und somit sein Bild durch
sein literarisches Werk selbst zu prägen. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 314.
[119]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 214.
[120]
Ebd. Katja Pawlik hebt hervor, dass „Walter Moers, der schon mit seinen
Illustrationen die Intermedialität seiner Werke evoziert, [...] damit sogar
noch den Soundtrack zu seinem vierten Roman nach[liefert], der unter anderem
Sweng Ohrgeigers ‚Atlantis Symphonie‘, hinter der sich George Gershwins Rhapsody in Blue (1924) verbirgt, und
Regard Wanrichs ‚Harpyrenritt‘, mit dem auf Richard Wagners Walkürenritt (1870) rekurriert wird,
beinhaltet.“ In: Ebd.
[121]
Hierauf wird im Verlauf dieses Unterkapitels noch genauer eingegangen werden.
[122]
Mit der zweiteiligen Graphic Novel von „Die Stadt der Träumenden Bücher“,
gezeichnet von Florian Biege nach Entwürfen Walter Moers’, wurde der Inhalt von
„Die Stadt der Träumenden Bücher“ im Anschluss an die Veröffentlichung von „Das
Labyrinth der Träumenden Bücher“ abermals aufgegriffen und in einer anderen
Form dem Publikum offeriert. Unter anderem welche kleinteiligen Arbeitsschritte
für die grafische Adaption des Romans nötig waren, legte Moers’ auf der
Homepage zamonien.de dar. Vgl. Walter Moers: Stadt der Träumenden Bücher.
Graphic Novel. [http://www.zamonien.de/buch_graphic_novel.php]. „Der
Bücherdrache“ erzählt abermals den Inhalt von „Die Stadt der Träumenden Bücher“
nach und konfrontiert den Erzähler *Mythenmetz zudem noch mit seinem
Spiegelbild respektive dem nach ihm benannten Buchling, der Mythenmetz’ Werk
auswendig lernt. Vgl. Walter Moers: Der Bücherdrache, S. 9-19.
[123]
Manfred Schmeling: Wie Bücher und Texte zum Ereignis werden, S. 274.
[124]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 229.
[125]
Ebd.
[126]
Ebd.
[127]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 229.
[128]
Ebd.
[129]
Ebd.
[130]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 35.
[131]
Ebd.
[132]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 229.
[133]
„Die einzige Sorge, abgesehen von den üblichen hypochondrischen Anwandlungen,
bereitete mir mein Körpergewicht. Der geruhsame Lebenswandel, der chronische
Mangel an Bewegung und die deftige Lindwurmkost hatten sich recht bald in
etliche Pfunden auf den Hüften niedergeschlagen, was mich gelegentlich deprimierte.
Aber nie so sehr, dass dies nicht mit ein paar Marmeladen-Omeletts oder einer
Sumpfschweinkeule aus der Welt zu schaffen war.“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 16.
[134]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 230.
[135]
Ebd.
[136]
Manfred Schmeling: Wie Bücher und Texte zum Ereignis werden, S. 273.
[137]
Ebd.
[138]
In „Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ wird während zweier Darbietungen den
Lesern bereits zuvor Erzähltes, die Reaktion des innerfiktionalen Publikums
darauf und das Sinnieren des Erzählers über die Erzählsituation und die
Erzählung selbst geschildert. Zum einen in Blaubärs erstem Gespräch mit
Volzotan Smeik und zum anderen während dessen Lügenduells mit Nussram Fhakir,
beide Male erzählt Blaubär seine Lebensgeschichte, die er den Lesern bis
dorthin bereits in allen Einzelheiten schilderte. Vgl. Walter Moers: Die 13½
Leben des Käpt’n Blaubär, S. 530-532 und S. 588-593.
[139]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240.
[140]
Beispielsweise wird Mythenmetz’ Lektüre des Buchs von Colophonius Regenschein
über die Katakomben an einer früheren Stelle und unter veränderten Bedingungen
innerhalb des Theaterstücks dargestellt. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 237.
[141]
An einer anderen Stelle wird das Verlangen Hildegunst von Mythenmetz’ der
Inszenierung zu folgen besonders deutlich, da ihn diese inzwischen völlig in
ihren Bann gezogen hat, und nicht mehr sein Anspruch auf die Korrektheit der
Umsetzung. Dort heißt es: „Obwohl diese Kürzung an Zensur grenzte, war sie mir
jetzt völlig gleichgültig. Ich wollte wissen, wie es auf der Bühne weiterging,
alles andere war nebensächlich.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden
Bücher, 252.
[142]
Vgl. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 54-81.
[143]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240.
[144]
Vgl. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 54-81.
[145]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, u.a. S. 235 und S. 239
f.
[146]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 235.
[147]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 236.
[148]
Mythenmetz wundert sich zuvor jedoch auch über die Akkuratesse der Buchlingskulpturen,
die nach seinen Schilderungen in „Die Stadt der Träumenden Bücher“ gefertigt
wurden, und erschrickt vor Spielzeug lebenden Büchern sowie einem Librinauten,
womit er insgesamt in „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ als eher
schreckhaft gezeichnet ist. Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher,
S. 57-59 und S. 134-136.
[149]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240.
[150]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240 f.
[151]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240.
[152]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 228.
[153]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 253.
[154]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 253 f.
[155]
Walter Moers: Ensel und Krete, S. 72.
[156]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 72 f. Diese Positionierung des Eigenen
wirkt aufgrund der ablehnenden und selbstverliebten Haltung im Fall von
*Hildegunst von Mythenmetz selbstgerecht, auch deshalb weil seine eigenen Texte
mitunter ebenfalls wenig überzeugend sind, wie etwa das Gedicht „An einen
alternden Laubwolf“ oder seine Mythembearbeitung. Moers untergräbt mit derlei
Widersprüchen die Aussagen des schreibenden Sauriers, führt gleichzeitig aber
auch – teils selbstreflexiv – die unterschiedliche lyrische Qualität seiner
eigenen Verse vor. Vgl. Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos
bis Moers, S. 212-218.
[157]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 254.
[158]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 238. Referiert wird hier
auf Ludwig van Beethovens vierten Satz der 9. Sinfonie in d-Moll op. 125 und Friedrich
Schillers Gedicht „An die Freude“.
[159]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 238.
[160]
Ebd.
[161]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240.
[162]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240 f.
[163]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 241. Referiert wird hier
auf „Gioachino Rossinis Il barbiere di
siviglia (dt. der Barbier von Sevilla, 1816)“. In: Katja Pawlik: Von
Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 215.
[164]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 241.
[165]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 240 f.
[166]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 241.
[167]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 214.
[168]
Ebd.
[169]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 241.
[170]
Ebd.
[171]
Ebd.
[172]
Ebd.
[173]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 239.
[174]
„Dieses Umschreiben des Textes erregt allerdings nicht – wie vielleicht zu
erwarten wäre – den Zorn des Autors, sondern findet seinen Beifall und damit
eine besondere Legitimation.“ In: Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos
bis Moers, S. 229 f.
[175]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 239.
[176]
Vgl. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 475.
[177]
Vgl. Walter Moers: Ensel und Krete, S. 234.
[178]
„Und überdies geht mit der Schwächung des Autors eine Stärkung des Lesers
einher, die sich im Nachwort von Die
Stadt der Träumenden Bücher als Partizipation des Rezipienten am
Produktionsprozess darstellt: ‚Dullsgard
oder Buchhaim? Das ist hier die Frage. Vielleicht hilft mir ja der eine oder
andere Leser in dieser schwierigen Angelegenheit und gibt sein Votum per E-Mail
[...]. Denn wenn es etwas gibt, was ich hasse, dann sind es Entscheidungen.‘ (STB 459) Der Leser wird – zumindest
scheinbar – in den Prozess literarischer Kommunikation integriert, was die
Vermarktungsstrategie der Texte im Internet grundsätzlich aufnimmt.“ In: Ingo
Irsigler: „Ein Meister des Versteckspiels“, S. 67 f.
[179]
„Am Ende meiner letzten Übersetzung eines
Romans von Hildegunst von Mythenmetz habe ich die Leser gebeten, mir bei der
Entscheidung behilflich zu sein, welches seiner Bücher ich als Nächstes
übertragen soll: die Fortsetzung von Die Stadt der träumenden Bücher oder das zweite Kapitel seiner monumentalen Reiseerinnerungen
eines sentimentalen Dinosauriers, welches
in der Friedhofsstadt Dullsgard spielt. Diese Abstimmung führte leider zu
keinem eindeutigen Ergebnis. Viele Leser empfahlen, beide zu übersetzen –
Reihenfolge egal. Um dem Dilemma zu entrinnen, entschied ich mich kurzerhand,
das Problem einfach zu vertagen und mir ein ganz anderes von Mythenmetz’ Werken
vorzunehmen. Ich muss gestehen, dass diese Auswahl recht willkürlich vonstatten
ging. Ich trat vor die mit Mythenmetz’ Büchern überladenen Regale in meinem
Arbeitszimmer, schloss die Augen und langte hinein. Das Buch, das ich ergriff,
war Der Schrecksenmeister, Mythenmetz’ meisterhafte Neudichtung eines
Klassikers von Gofid Letterkerl.“ In: Walter Moers: Der Schrecksenmeister,
S. 382.
[180]
Ebd.
[181]
Ebd.
[182]
Ebd.
[183]
Ebd.
[184]
Henrik Flor und Gisela Blank: Walter Moers im buecher.de-Interview. [https://www.buecher.de/fr/autoren/
interview/walter_moers/index.html].
[185]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[186]
Gerrit Lembke: Vielstimmiges Schweigen, S. 472.
[187]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[188]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 12.
[189]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[190]
Mareike Wegner: „Wissen ist Nacht!“, S. 15.
[191]
„Als ich zu der Erkenntnis gelangt war, dass der Roman [...] nicht fristgerecht
fertig würde, bliebt mir nichts anderes übrig, als den Verlag zu alarmieren.
Der Verleger reagierte unerwartet heftig, ja geradezu unsensibel, und bedrohte
mich mit juristischen Konsequenzen. Ich musste nicht nur eingestehen, dass ich
das Projekt falsch eingeschätzt hatte, sondern auch mit einer alternativen
Lösung aufwarten. So entstand die Idee, aus der Not eine Tugend und aus einem
Buch zwei zu machen.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S.
429.
[192]
Eine solche ökonomische beziehungsweise juristische Verfügungsgewalt aufgrund
von unterzeichneten Verträgen soll in dieser Arbeit nicht weiter thematisiert
werden und hier nur der Blick auf die Vorstellungen Roger Chartiers genügen, in
denen eine solche latent mitschwingt. „Chartier
[...] ist der Ansicht, dass die Funktion Autor nicht durch das
individuelle Eigentumsrecht determiniert ist, sondern durch die
institutionellen und technischen Rahmenbedingungen des Buchhandels und des
Buchdrucks: Die Autorfunktion ist demzufolge gleichsam in das Innere der Druck-Kultur
eingeschrieben.“ In: Uwe Wirth: Medien der Autorschaft in E. T. A. Hoffmanns Lebens-Ansichten des Katers Murr, S. 20.
[193]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[194]
Ebd.
[195]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 427.
[196]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 425 f.
[197]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[198]
Hier zeigt sich die editorische Macht, die der Übersetzer *Walter Moers über
den Text von Hildegunst von Mythenmetz besitzt
besonders deutlich. Da hier konträre Aussagen getroffen werden, von denen die *Moers’ die letztlich bestimmende ist. Vgl. Walter
Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 427 und S. 429.
[199]
„Der literaturtheoretische Terminus Leerstelle
bezeichnet diejenigen Positionen literarischer Texte, an denen bestimmte
erwartete Informationen ausgespart sind, so daß sich für den Leser die
Notwendigkeit zur eigenen Hypothesenbildung ergibt: Leerstellen ermöglichen die
‚Besetzbarkeit einer bestimmten Vorstellung des
Lesers‘ (Iser, 1976, 284). Die Leerstelle ist neben ‚Unbestimmtheitsstelle‘
und ‚Negation‘ (ebd. 327–347) die
wichtigste derjenigen Strukturen, die die Konstitution von Sinn auf seiten des
Lesers in Gang setzen. Diese Strukturen stellen deshalb kein Manko des
literarischen Textes dar; vielmehr gewährt erst die Leerstelle ‚einen Anteil an Mitvollzug an der Sinnkonstitution
des Geschehens‘ (Iser 1970, 236). Zu den Markierungsweisen von Leerstellen
gehören in erster Linie ‚Schnitte' oder ‚Lücken‘ im Text [...], die durch Absätze oder
Kapitelgrenzen entstehen können, aber auch durch solche ‚Sprünge‘ wie sie etwa durch Freizeilen oder
Gedankenstiche angedeutet werden; sodann []Erzählerkommentare,
die nur Hypothesen über die Bewertung von Figuren, Geschehnissen usw.
aufstellen und somit dem Leser eigenen Spielraum eröffnen (Iser, 1970, 239)“.
In: Axel Spree: Leerstelle. S. 388. Wolfgang Iser schreibt in „Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer
Wirkung“ über die Leerstelle: „Leerstellen
[...] unterbrechen diese Anschließbarkeit und signalisieren damit zweierlei:
die ausgefallene Beziehung sowie die Erwartung des habituellen Sprachgebrauchs,
in dem Anschließbarkeit pragmatisch geregelt ist. Daraus ergeben sich
verschiedene Funktionen, die Leerstellen in fiktionalen Texten zu erfüllen
vermögen.“ In: Wolfgang Iser: Der Akt des
Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, S. 285. „Wenn
Leerstellen die Anschließbarkeit von Textsegmenten unterbrechen, so kommt
dieser Vorgang in der Einbildungskraft erst zu seiner vollen Entfaltung.“ In:
Wolfgang Iser: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, S. 289.
Leerstellen ließen sich „[a]ls sie selbst [...]
auch nicht beschreiben, den als ‚Pausen des Textes‘ sind sie nichts; doch
diesem ‚nichts‘ entspringt ein wichtiger Antrieb der Konstitutionsaktivität des
Lesers. Immer dort, wo Textsegmente unvermittelt aneinander stoßen, sitzen
Leerstellen, die die erwartbare Geordnetheit des Textes unterbrechen.“ In:
Wolfgang Iser: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, S. 302.
[200]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 427.
[201]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[202]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 12.
[203]
Wie es bereits der auf dem Tisch eines
Schankraums liegende und für Buchwein werbende Papierzettel mit seinen
Aufforderungen zu verstehen gab: „Werden Sie zu einem Buch!!! [...] Das größte
Abenteuer von Buchhaim findet in Ihrem Kopf statt! [...] Werden Sie Teil eines
Mysteriums!“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S.
138 f.
[204]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 281, S. 372, S. 408
und S. 424.
[205]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 281.
[206]
„Dabei half mir der Dialog nicht wenig! Er war
wie gute Musik, welcher man ja auch bereitwillig folgt, ohne groß darüber
nachzudenken, aus welchen Harmonien sie eigentlich geschaffen ist. [...] Der
Autor dieser Stücke besaß ein ganz außergewöhnliches Ohr für das gesprochene
Wort. Dafür, wie es losgelöst von Papier und Druckerschwärze funktioniert: als
reiner Klang.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S.
282.
[207]
Ebd.
[208]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 283.
[209]
„‚Nachdem
Buchhaim niedergebrannt war‘, so begann sie [Inazea Anazazi] am ersten Tag ihre
Vortragsreihe, ‚standen viele seiner Bewohner vor dem Nichts. Ihre
Häuser, ihre Geschäfte, ihr ganzes Hab und Gut hatte sich in Funken aufgelöst.
Es gab viele Methoden, bei Null wieder anzufangen, und das Puppenspiel war eine
sehr beliebte davon. Aus zwei Gründen.‘ Die
Schreckse holte tief Luft, als wollte sie mir die restliche Geschichte in einem
Atemzug erzählen. ‚Der eine Grund war: ein Puppentheater, selbst die
Puppen dafür, konnte man sich leicht aus den Trümmern der verbrannten Stadt
zusammenbauen. Ein paar verkohlte Bretter zusammengenagelt – fertig war die
Bühne. Ein paar Stücke Stoff zusammengenäht – schon stand das Ensemble. Man
näht zwei Knöpfe auf eine Socke – fertig ist der Hauptdarsteller. Ein
abgebrochener Ast mit Blättern im Hintergrund – fertig ist der Zauberwald. Der
andere Grund war, dass nach der Katastrophe ein enormes Bedürfnis nach
Ablenkung bestand. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen, die hart
am Wiederaufbau der Stadt arbeiteten, wollten wenigstens abends am Kohlenfeuer
– du musst bedenken, dass viele immer noch kein Dach über dem Kopf hatten – in
der Phantasie ihrem Elend entfliehen. Dafür gab es die Vorleser, die
Stegreifdichter, die die Balladensänger und neuerdings die kleinen Puppentheater,
die diese alten Formen der Vermittlung von Geschichten eine Stufe höher
führten. Man konnte die Handlung jetzt nicht nur hören, sondern auch sehen.
[...]‘“ In: Walter Moers: Das Labyrinth
der Träumenden Bücher, S. 288 f.
[210]
Mythenmetz meint während seiner Recherche in
verschiedenen Büchern über den Puppetismus: „Der Teil des Puppetismus, der in
den Köpfen der Autoren entstand, das war für mich das Wichtigste.“ In: Walter
Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 363.
[211]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 137-143.
[212]
Auf dem Zettel, den der Lindwurm von jenem
Librinauten bekam, mit dem er sich
während der Pausen eines Theaterstücks unterhielt, war nachdem er ihn in die
Nähe einer Kerzenflamme hielt zu lesen, vgl. Walter Moers: Das Labyrinth
der Träumenden Bücher, S. 357 und S. 371 f.,:
„Wenn Sie das Unsichtbare Theater sehen wollen, dann müssen Sie nicht nur Ihre
Augen, sondern auch Ihren Verstand bemühen.“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 371. Dasselbe gilt für die Karte, die
Hildegunst von Mythenmetz von Corodiak Smeiks überreicht wird. „Und endlich fiel mir die Einladung von Maestro
Corodiak ein. Warten Sie, bis Sie in der Vorstellung sind! Versprechen Sie das
einem Blinden?, hatte Corodiak sich gewünscht. Das ist sehr wichtig, hatte er
noch hinzugefügt, denn es wird Ihr Vergnügen am Unsichtbaren Theater um ein
Vielfaches erhöhen! Ich hatte mich daran gehalten, doch nun war es an der Zeit,
seine Botschaft zu entschlüsseln – wenn es denn eine war. Ich wühlte wieder in
meinem Umhang. Und dann, oh meine geliebten Brüder und Schwestern im Geiste,
als ich den Zettel endlich gefunden hatte, ergriff mich plötzlich wieder die
allergrößte Unruhe. Mit zitternden Klauen hielt ich das Kärtchen über die tanzende
Kerzenflamme, bis darauf die blassgelbe Geheimschrift erschien. Auf der
Einladung stand nur ein einziger Satz. Er lautete: Hier fängt die Geschichte an.“ In:
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 427.
[213]
Während Hildegunst von Mythenmetz’ das Geburtshauses
von Ojahnn Golgo van Fontheweg besuchte, das „vor
kurzer Zeit abgebrannt war, weshalb [...] [er] nur ein leeres verkohltes
Grundstück mit ein paar Mauerresten und einer Bronzetafel vorfand. Daraufhin
brachte [...] [er] eine interessante Stunde damit zu, ein Gebäude aus Luft
anzustarren und [...] [sich] vorzustellen, wie es wohl ausgesehen haben mochte,
als der kleine Golgo darin treppauf und treppab gelaufen war oder seine ersten
Gedichte geschrieben hatte.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 419.
[214]
Als Mythenmetz beim „Phistomefel-Rüssel“
anlangt, „strapazierte [...] [er] wieder [s]eine
Einbildungskraft“, um zu etwas zu sehen, dass nicht mehr da ist. Vgl.
Ebd. Seinen Lesern gegenüber gibt er zu verstehen: „Ich versuchte mir vorzustellen, wie ich da, wo sich jetzt nur noch ein
riesiges Loch befand, einmal zusammen mit Phistomefel Smeik eine Kellertreppe
hinab ins Labyrinth gestiegen war.“ In: Ebd.
[215]
Corodiak Smeik meint in Bezug auf das „Unsichtbare
Theater“: „Erst bei der Inszenierung von
Mythenmetz’ Stück wagte ich, es an einem großen Publikum zu testen und eine
Puppe komplett der Phantasie des Publikums zu überlassen: die des
Schattenkönigs. Übrigens mit überwältigendem Erfolg! Aber das wahre Unsichtbare Theater findet ganz woanders
statt.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 397.
Corodiak Smeik ist „davon überzeugt, dass das Unsichtbare Theater einmal viel größer
werden wird als der Circus Maximus.
Es ist die Zukunft des Puppetismus. Seine Erfüllung. Das ist Theaterkunst in
ihrer reinsten Form. Die sich vom Materiellen befreit und darüber erhoben hat.“
In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 396. Smeik stellt
sodann seine Überzeugung bezüglich seines Publikums vor: „‚Spannung, Humor,
Phantasie, technische oder handwerkliche Präzision, satirische Schärfe,
Improvisationsgabe, emotionale Tiefe – das eine schließt das andere nicht aus.
Und am besten alles auf einmal! Das kluge Publikum – und auf das kommt es an –,
will gar keine Kategorien. Keine Grenzen und Einschränkungen. Und es will auch
nicht seine Erwartungen auf der Bühne erfüllt oder Ergebnisse von statistischen
Erhebungen sehen. Das sind die Wunschvorstellungen von denkfaulen und
unkreativen Puppetisten! Das gute Publikum will gefordert werden, das ist mein
Motto! [...]‘“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 392. „‚Als der Circus
Maximus seine Premiere feierte, war ich schon vollkommen erblindet. Ich
erlebte sie in totaler Dunkelheit. Aber glauben Sie mir: Ich habe trotzdem
alles gesehen, was da auf der Bühne geschah. Hier drin.‘ Corodiak tippte mit
einem seiner winzigen Fingerchen an seinen Kopf.“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 395. Corodiak Smeik schildert derart dem
ihn besuchenden Lindwurm „‚[...] die
wichtigste Voraussetzung für das Unsichtbare Theater [...]‘“, in: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher,
S. 422, nämlich, dass dieses konträr dem Erlangen des Orms abseits von etwaigem Tageslicht, im Dunkeln geschehe. Vgl. Ebd.
Denn, wie es schon in Moers’ Roman „Rumo &; Die Wunder im Dunkeln“ heißt, „es gibt Wunder, die müssen im Dunkeln
geschehen.“ In: Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln, S. 693.
[216]
Beispielsweise war der Lindwurm „überzeugt
gewesen, dass das Bühnenbild die Ladenlokale eines Seifensieders, eines
Waffelbäckers und eines Bartfriseurs enthielt. Dabei gab es diese Kulissen
überhaupt nicht! Die Duftorgel hatte [...] [ihm] lediglich die Aromen von
gegerbtem Leder, Bücherleim und frisch gehobelten Spänen vorgegaukelt, ferner
von Seifenparfüm, gebackenen Waffeln und Rasierwasser. Das genügte [s]einem
Hirn, um von ganzen Straßenzügen mit Schaufenstern und Reklameschildern zu
phantasieren, die gar nicht da waren. Olfaktorische Raumgestaltung! Architektur
für die Nase!“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 235.
[217]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 36-39.
[218]
„Als Ovidios den Schattenkönig und Phistomefel
Smeik erwähnte, begann der Qualm um ihn herum zu tanzen. Ich dachte zunächst an
einen Luftwirbel im Abzug des Kamins über uns, aber das war etwas anderes. Der
Nebel nahm immer konkretere Formen an, aus Schlieren und Wolken wurden Körper
und Gesichter. Ich rieb mir die Augen, und der Spuk war verschwunden. Ich
atmete erleichtert auf, lehnte mich zurück, sah noch einmal hin – und da
waren sie wieder, die wabernden Wolken. Und diesmal nahmen sie sogar vertraute
Formen an! [...] Es schien, als ob die Geister
meiner Vergangenheit um Ovidios‘ Haupt tanzten. Waren das Buchlinge, die da
über seine linke Schulter lugten? War das Hachmed Ben Kibitzer, der mir über
die rechte Schulter zuwinkte? [...] Das war doch Phistomefel Smeik, der da mit
verschränkten Ärmchen hinter Ovidios auftauchte und mich frech angrinste! Aus
dem Nebel schälten sich fliegende Lebende Bücher, flatterten um den Kopf des
Lindwurms und verschwanden wieder im Qualm.“ In: Walter Moers: Das
Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 107 f.
[219]
„Das war natürlich alles nur die
Einbildung, schuld waren meine überreizten Nerven. Aber mein Herzschlag
beschleunigte sich unaufhaltsam, und ich begann heftig zu schwitzen. Wie hatte
die Schreckse gesagt? Es kommt nicht darauf
an, was auf der Bühne geschieht. Sondern darauf, was das Unsichtbare Theater in
deinem Kopf veranstaltet. Jetzt verstand ich erst wirklich, was sie damit
gemeint hatte. Der Schattenkönig ist
zurückgekehrt – dieser Satz in einem nach wie vor geheimnisvollen Brief,
der mich auf diese Reise gelockt hatte, kam mir in den Sinn und begann,
befeuert durch meine krankhafte Phantasie, in meiner Vorstellung ein Eigenleben
zu entwickeln. Ich glaubte es beinahe schon zu hören, das raschelnde Lachen des
Schattenkönigs! Das war furchterregend und großartig zugleich. Hier geschah
etwas Ähnliches, wie ich es im Circus
Maximus erlebt hatte – nur in hochkonzentrierter und völlig purer Form: Die
Figur des Schattenkönigs nahm Gestalt an. Nichts anderes war mehr nötig, keine
Kulissen, keine Bühnentricks, keine zusätzlichen Puppen, keine Musik und keine
Duftorgel! Nur meine eigene Kreativität, die gerade auf eine Art entfesselt
wurde, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Noch konnte ich ihn
nicht sehen. Aber bereits hören. Und spüren! Das war also Unsichtbares Theater: die Katakomben durch Corodiaks tote Augen
sehen. Ich war verängstigt und begeistert zugleich, und ich wollte mich
bemerkbar machen, applaudieren, meiner Zustimmung Ausdruck verleihen,“ in: Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 424 f., meint Hildegunst von Mythenmetz als er sich im
Dunkeln der Katakomben Buchhaims befindet, und schildert hierauf seinen
vermeintlichen Ormrausch. „Mein Körper war
erstarrt, während mein Hirn von einer regelrechten Ekstase ergriffen wurde. Vor
meinem inneren Auge leuchteten Dinge auf, die ich vorher nie gesehen hatte.
Ereignisse, an denen ich noch gar nicht teilgenommen hatte. Unterirdische Orte,
an denen ich nie war! Personen und Kreaturen, die mir völlig unbekannt waren!
All dies in wildem Wechsel mit Wirbelstürmen aus Buchstaben und Springwellen
aus Sätzen, die mein Denken überfluteten. Ich blickte in endlose Gänge und
Tunnel, die von pulsierendem Licht erfüllt waren. Ich sank hinab in bodenlose
Schächte, beinahe schwerelos, als sei ich selbst nur eine Marionette, die an
Fäden herabgelassen wurde. Ich sah eine hohe Halle aus dunkelgrauem Granit, in
die Sturzbäche aus glühender Lava donnerten. Einen schwarzen Fluss voller
verrotteter Bücher, der gurgelnd in einen Abgrund strudelte. Und ich selbst
trieb auf diesem Fluss, getragen von einem Floß! Und immer wieder Librinauten
in ihren furchterregenden Rüstungen und Masken! Da war einer mit einem
bronzenen Helm in Form eines Wildschweinkopfes, der mir sogar mehrmals
erschien. Der Librinaut mit der Fechtmaske. Eine Allee aus Büchern, so groß wie
Häuser. Ich sah Buchlinge! In hellen Scharen sogar, mehr als im Circus Maximus auf der Bühne gewesen
waren, in allen Farben und Formen. Ich sah Leidener
Männlein, die auf Lebenden Büchern ritten wie auf Pferden. Ein Wesen so
weiß wie Milch, mit vier dürren Beinen und einem schrecklichen Kopf, der aussah
wie der Totenschädel eines Vogels. Was wollten diese Bilder von mir? Aber die
Visionen beantworteten keine Fragen, sie gaben mir nur Rätsel auf und füllten
unablässig mein Gehirn. Eine Kraft, die mir vertraut und fremd zugleich vorkam,
und die ich in all den Jahren verloren geglaubt hatte wie die eigene Kindheit,
wirbelte die Impressionen in meinem Schädel umher, dass ich fürchtete, den
Verstand zu verlieren – oder zumindest das Gleichgewicht. Woher kannte ich
dieses Gefühl? [...] In meiner sinnlosen Furcht hatte ich nicht verstanden,
dass es das Orm war, das mich seit langer Zeit endlich wieder durchströmte! Es
waren die Motive, die Gestalten und Schauplätze eines ganzen Buches, die da auf
mich herabprasselten! Das war ein Roman, der sich da in meinem Kopf formte!“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der
Träumenden Bücher, S. 425 f.
[220]
Vgl. O. V.: Buch. Walter Moers. Das Schloss der Träumenden Bücher. [https://www.random-house.de/Buch/Das-Schloss-der-Traeumenden-Buecher/Walter-Moers/Knaus/e423-194.rhd].
Auf der Face-bookseite Walter Moers’ hieß es
zuerst, dass der Roman „leider auf unbestimmte Zeit verschoben werde[].“ In: Walter
Moers: Facebookbeitrag vom 27. Juli 2015. [https://www.facebook.com/WalterMoers/photos/
a.213970515314587.62781.213964001981905/99475382736248/?type=1&theater].
[221]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[222]
Ebd.
[223]
Vgl. Ebd.
[224]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 145.
[225]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 151.
[226]
Ebd.
[227]
Vgl. u.a. Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher, S. 33 f., S. 172-174
und S. 422 sowie Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 361 und
S. 369.
[228]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 150.
[229]
Katja Pawlik: Von Atlantis bis Zamonien, von Menippos bis Moers, S. 152.
[230]
Durch die drei letzten Panel in „Der Bücherdrache“ wird jener Kunstgriff, jene
Zäsur, aus „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“, die dort im Spiel zwischen
Übersetzer Walter Moers und Autor Hildegunst von Mythenmetz (in Form des
Nachworts und im Romantext enthaltenen impliziten Verweisen) entworfen wird und
die Leserschaft dazu auffordert sich ein Mehr zu imaginieren, abermals bedient.
Im Gegensatz zum willentlich offengelassenen Ende von „Das Labyrinth der
Träumenden Bücher“ – als einer der vielen Kontraste zu „Der Stadt der
Träumenden Bücher“ – und den Fragen, die *Moers in seinem Nachwort kalkulierend
stellt, wird in „Der Bücherdrache“ diese vermeintliche Unabgeschlossenheit
dieser eigentlich abgeschlossene Handlung, wie der Mythenmetz in seinem Traum
gegenüber seinem gleichnamigen Buchling auch bekundet, lediglich durch den
Erzähler Mythenmetz in wenigen von *Walter Moers gezeichneten Comicpaneln am
Ende von „Der Bücherdrache“ evoziert. Vgl. Walter Moers: Der Bücherdrache, S.
162-164. Einerseits wird durch die Behauptung der Unabgeschlossenheit der
Handlung auch dieser Zamonienroman wiederum als ein Fragment inszeniert und
andererseits unterstreicht Walter Moers durch die Wiederholung dieser
Behauptung in „Der Bücherdrache“ auch diese in „Das Labyrinth der Träumenden
Bücher“ und stellt deren Funktion für den zweiten Buchhaimroman deutlich aus.
[231]
Vgl. Walter Moers: Mich gibt es wirklich! [http://www.zamonien.de/autor.php].
[232]
Vgl. Ebd.
[233]
Ebd.
[234]
Ebd.
[235]
Vgl. Walter Moers: Weihnachten auf der Lindwurmfeste oder Warum ich Hamoulimepp
hasse, S. 19.
[236]
Vgl. u.a. Walter Moers: Weihnachten auf der Lindwurmfeste oder Warum ich
Hamoulimepp hasse, S. 105-112.
[237]
Der dort angekündigte Roman „Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene
Nachtmahr“ sowie die beiden Bände der Graphic Novel von „Die Stadt der
Träumenden Bücher“ erschienen wie angekündigt.
[238]
Vgl. Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, u.a. S. 179-182, S.192
f., S.232 und S. 341.
[239]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 16.
[240]
Ein in dieser Arbeit noch nicht benanntes Beispiel hierfür wird in *Mythenmetz’ Beschreibung eines Kraters deutlich, bei der
der retrospektiv berichtende Erzähler das einstige Erleben des Protagonisten
schildert, jedoch die Augenblicklichkeit des Moments – ob des Erlebens oder des
Abfassens ist hier einerlei – vorschützt, um seine Unkenntnis des Gesehenen zu
verschleiern und möglicher Kritik zuvorzukommen. Dort heißt es: „Der Krater war
etwa hundert Meter lang und fünfzig Meter breit, also eher ein Riss oder Spalt
als eine runde Krateröffnung. Er hatte aber eine Beschaffenheit, die ich in
Ermangelung korrekter geologischer Terminologie einfach mal vulkanisch nennen möchte, daher scheint
mir Krater eine passende Bezeichnung zu sein. Erdkundler dürfen mich dafür
gerne mit Hohn überschütten, aber ich habe leider derzeit nicht Meridius
Pyroklastians Verbarium Geologica zur
Hand.“ In: Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 199 f. Erst
durch *Mythenmetz’ Hinweis auf diese
Ungenauigkeit, wird den Lesern eine solche bewusst gemacht und die
möglicherweise mangelnde innerfiktionale Authentizität der Darstellung betont.
[241]
Vgl. hierzu das Unterkapitel „Vielerlei Stimmen und Erzählungen innerhalb der
eigenen“ in diesem Beitrag.
[242]
Matthias Schaffrick gibt an, dass diese Sorte der Werkherrschaft „genau
genommen ‚Autorherrschaft‘ heißen müsste“. In: Matthias Schaffrick: Ambiguität
der Autor-Werk-Herrschaft (Bosse, Luhmann, Jean Paul), S. 2. Er grenzt sie
gegenüber der Herrschaft des Werks über den Schreibenden ab, der
„eigentliche[n] ‚Werkherrschaft‘“.
In: Ebd.
[243]
Vgl. hierzu Unterkapitel „Moers als Schriftsteller, Übersetzer, Biograf und
Kommentator“ im ersten Blogeintrag.
[244]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 251.
[245]
Gerrit Lembke: Vielstimmiges Schweigen, S. 472.
[246]
Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher, S. 429.
[247]
Vgl. hierzu das Unterkapitel „Die Auratisierung des Nichtvorhandenen und die
Partizipation der Leserschaft“ in diesem Blogeintrag.
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